Eine neue Woche beginnt auf unserer Japan-Reise und wir starten auch am heutigen Tage mit einer Fahrt im Shinkansen. Heute werden wir uns einerseits anschauen, wie das Gelände einer ehemaligen Weltausstellung nach der EXPO weitergenutzt werden kann. Andererseits besuchen wir, nachdem wir das Eisenbahnmuseum der JR West an Tag 4 bereits gesehen haben, das Pendant der JR Central. Dieses Museum legt, anders als das in Kyōto, den Fokus deutlich stärker auf die Zukunft des japanischen Bahnverkehrs. Insgesamt werden wir uns an diesem Reisetag im Großraum Nagoya aufhalten.





Kurz nach 9:00 erreicht der Kodama 708 den Hauptbahnhof von Nagoya und es steht, wie bereits am Vortag, ein Übergang zu den Kapspur-Gleisen an. Innerhalb der Stadt erfolgt die Weiterreise für einige Stationen auf der Chūō Main Line, einer über 400 Kilometer langen Inlandsstrecke durch die japanischen Alpen nach Tōkyō. Gemäß Fahrplan würde der nächste Nahverkehrszug der Chūō Main Line erst gegen 9:16 fahren. An der Abfahrtsanzeige in der Unterführung wird an diesem Morgen aber deutlich: Heute stimmt etwas nicht! Um 9:05 sind noch Züge mit planmäßigen Abfahrtszeiten vor 9:00 angeschrieben. Schnell gehen wir hoch zum Bahnsteig und tatsächlich steht dort ein sehr leerer Zug, der sogleich abgefertigt wird und losfährt.

Die rund 20-minütige Verspätung ist für japanische Verhältnisse sehr ungewöhnlich, obwohl wir in diesem Falle durch eine kürzere Wartezeit in Nagoya davon „profitiert“ haben. Daher wird diese Zug-Verspätung auch nicht mit in die Abschlussstatistik einbezogen, denn die Reisenden-Pünktlichkeit der Fahrt liegt in unserem Fall bei -10. Außerdem weiß ich nicht, ob der eigentlich eingeplante spätere Zug pünktlich war. Mit den 20 Minuten hatte unser Zug aber offenbar noch Glück, denn in der Gegenrichtung ist das heute noch steigerungsfähig…

Das verlangt einer Überprüfung! Die Webseite von JR Central gibt den Grund für die Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf der Chūō Main Line an: Der Betrieb wurde gegen 7:30 aufgrund nicht-identifizierter Geräusche nahe des Bahnhofs Kasugai (von Ōzone aus weitere drei Stationen stadtauswärts ) unterbrochen. Nach rund einer Stunde kamen die Untersuchungen wohl zu dem Ergebnis, dass keine Betriebsgefahr besteht, und der Betrieb wurde gegen 8:30 wieder aufgenommen.

Unsere Weiterfahrt beinhaltet jedoch erstmal keine der beiden Linien, sondern ein anderes spurgeführtes Verkehrssystem.


Die Yutorito Line ist eine 6,5 Kilometer lange erhöhte Spurbus-Trasse, die rechtlich als Eisenbahn betrieben wird. Sie führt von Ōzone, dem Verknüpfungspunkt mit dem „echten“ Schienennetz, in die nordöstlichen Stadtteile, die nicht so gut durch den Schienenverkehr erschlossen sind. Endpunkt der Trasse ist die Station Obata Ryokuchi nahe des gleichnamigen Parks. Dort bindet eine Rampe die Spurbus-Trasse an das öffentliche Straßennetz an, auf dem die Spurbusse anschließend als „normale“ Busse in verschiedene Richtungen weiterfahren. Das System verknüpft also eine Bündelung mehrerer Linien in dichter Taktung auf der Stammstrecke mit den Vorteilen der Feinerschließung im lokalen Busverkehr. Die eingesetzten Busse werden von der Stadtbus-Gesellschaft der Stadt Nagoya gestellt.


Der Spurbus-Abschnitt verfügt über einen eigenen entfernungsbasierten Tarif. Das kann uns allerdings egal sein, da auch diese Fahrt bequem mit der ICOCA bezahlt werden kann 🙂
Rund 200 Meter weiter südlich verläuft die Seto Line der privaten Eisenbahngesellschaft Meitetsu. Der Name des nächsten Haltepunkts Moriyamajieitaimae bedeutet in etwa „Zugang zu den Streitkräften in Moriyama“. Im Stadtviertel Moriyama befindet sich ein Stützpunkt des japanischen Militärs. Der Begriff „jieitai“ wird gängig als „Selbstverteidigungsstreitkräfte“ bzw. „Self-Defense Forces (SDF)“ übersetzt. Allerdings ist die japanische Verfassung (noch) pazifistisch ausgelegt und verbietet daher streng genommen die Bezeichnung militärischer Organisationen als „Streitkräfte“. Praktisch wird der Begriff international dennoch so verstanden und übersetzt. Die Selbstverteidigungsstreitkräfte wurden nach dem 2. Weltkrieg als Verteidigungsarmee gegründet, die aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage jedoch eine starke Aufrüstung erfährt.

Mit der Meitetsu Seto Line möchten wir nun weiter aus der Stadt heraus in den Vorort Seto fahren. Dafür ist innerhalb der Linie ein Umstieg erforderlich. Der Haltepunkt Moriyamajieitaimae wird nur von den Local-Zügen der Seto Line bedient und der nächste Local endet bereits in Owariasahi, drei Halte vor unserer Station Shinseto. Deshalb verlassen wir den Local bereits am nächsten Express-Halt Obata und warten dort auf den nachfolgenden Express, der bis Shinseto durchfährt.

Der Express hält bis Owariasahi an zwei Stationen nicht und bedient ab dort alle Unterwegshalte. Shinseto erreichen wir gegen 10:20. Der Haltepunkt Shinseto der Meitetsu Seto Line ist über eine Fußgängerbrücke mit dem benachbarten Haltepunkt Setoshi der Aichi Loop Line verbunden, zu der wir hier umsteigen. Die Aichi Loop Line ist, anders als der Name vermuten lässt, keine Ringlinie, sondern eine Nord-Süd-Tangentiallinie in der Präfektur Aichi. Zusammen mit der Tōkaidō Main Line und der Chūō Main Line betrachtet bildet die Aichi Loop Line einen nicht geschlossenen Ring um den Osten der Metropolregion Nagoya. Geschlossen ist der Ring nicht, da für eine theoretische Ringfahrt praktisch zwei Fahrtrichtungswechsel in Nagoya (zwischen Tōkaidō Main Line und Chūō Main Line) sowie in Okazaki, dem südlichen Endpunkt der Aichi Loop Line, zwischen eben dieser und der Tōkaidō Main Line erforderlich wären. Nur zwischen der Chūō Main Line und der Aichi Loop Line gibt es zur HVZ durchgebundene Fahrten von Nagoya über den Verknüpfungspunkt Kōzōji am nördlichen Ende der „Nicht-Ringlinie“ in Richtung Shinseto und Okazaki. Zwischen Seto und Okazaki erschließt die Aichi Loop Line u. a. die Stadt Toyota, in welcher der namensgleiche japanische Automobil-Hersteller seinen Hauptsitz hat.


Die Aichi Loop Line verkehrt in keinem festen Takt. Es fahren zur Nebenverkehrszeit rund 3 – 4 Züge pro Stunde. Leider haben wir den letzten Zug ab Shinseto (planmäßig) gerade verpasst und befinden uns nun ausgerechnet in der größten Taktlücke des Tages mit rund 25 Minuten Wartezeit. Um 10:45 fährt dann endlich der nächste Zug in Richtung Okazaki, den wir nach 10 Minuten am Haltepunkt Yakusa verlassen. Dort steht ein letzter Umstieg an, bevor wir unser erstes Tagesziel, das EXPO-Gelände von 2005, erreichen werden.

Hatten wir auf der Reise schon eine Monorail genutzt, soll es jetzt eine Magnetschwebebahn sein – die einzige, die es (derzeit) in Japan gibt. Das als „Linimo“ bezeichnete System wurde 2005 zur Anbindung des EXPO-Geländes gebaut, welches sich mehr oder weniger auf der „grünen Wiese“ bzw. im Wald rund 20 Kilometer östlich des Hauptbahnhofs von Nagoya befindet. Die 9 Kilometer lange Strecke, die offiziell als Tōbu Kyūryō Line geführt wird, verbindet den Endbahnhof Fujigaoka der Nagoya Metro über den EXPO-Park mit der Umsteigestation Yakusa an der Aichi Loop Line.

Technisch ist das System auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausgelegt, die aber in Anbetracht von 9 Stationen auf 9 Kilometern Strecke so gut wie nicht ausgefahren werden kann. Tatsächlich schwebt das Fahrzeug während der Fahrt rund 8 Millimeter über dem Fahrweg – zu betonen ist aber „während der Fahrt“, denn beim Anfahren und Anhalten spüren Fahrgäste einen deutlichen Ruck (und auch sonst fährt das System nicht so „reibungslos“, wie man es sich von einer Magnetbahn eigentlich erwartet).


Der Bahnhofsname bedarf wieder einer Erklärung 😉 „Aichikyūhaku“ ist der Name der EXPO 2005, ein Wortspiel aus den Wörtern „Ai“ für „Liebe“ und „Chikyū“ für die Welt, wobei die Silben „Ai“ und „Chi“ zusammen wiederum den Namen der Präfektur ergeben. Damit das Wortspiel im Japanischen trotzdem als solches wirkt, ist in der Kanji-Folge für den Stationsnamen ein Trennzeichen zwischen den Silben „Ai“ und „Chi“ enthalten. Es sei an dieser Stelle aber erwähnt, dass es in der Rōmaji-Umschrift keine feste Regel für die Silbentrennung und daraus folgende Groß- und Kleinschreibung gibt. „Ai-Chikyūhaku“ wäre also genau so richtig 🙂 „haku“ steht schließlich für „Ausstellung“. Hinter dem Namen der damaligen Weltausstellung stehen nun noch zwei weitere Wörter im Stationsnamen: „kōen“ steht, wie bereits an Tag 1 kurz angerissen, für „Park“ bzw. „Garten“. „kinen“ lässt sich als „Denkmal“ übersetzen. Zusammengefasst steigen Fahrgäste hier also am Gedenkpark für die Weltausstellung 2005 der Präfektur Aichi aus. Die allgemeine EXPO 2005, die gerade einmal 20 Jahre zurück liegt, war die letzte Weltausstellung vor der EXPO 2025, die in Japan veranstaltet wurde.





Tatsächlich erlebt man als Besucher des EXPO-Gedenkparks viel Ruhe, da sich auf dem weitläufigen Gelände nur wenige Gäste aufhalten und der Park bei ausländischen Touristen auch eher als Geheimtipp angesehen werden kann.



Als Resümee ist festzuhalten, dass das damalige EXPO-Gelände heute als Freizeit- und Erholungspark genutzt wird, der den Besuchern insbesondere viel Platz, Ruhe und Grün bietet 🙂


Die Linimo-Trasse führt bis zur Station Irigaikekōen parallel zu einer Schnellstraße, sodass der Zug recht schnell fahren kann. Die letzten zwei Kilometer erinnern aber eher an eine Straßenbahn, da die Strecke mit teils engen Bögen trassiert ist. Schließlich erreicht die Schwebebahn im Schleichtempo die unterirdischen Endstation Fujigaoka. Dort besteht Anschluss an die Higashiyama Line der Metro Nagoya.

22 Minuten dauert die Fahrt mit der Higashiyama Line über 12 Kilometer zur zentralen Station Sakae, an der wir eine Mittagspause einlegen. Die U-Bahn kommt damit auf einen Schnitt von knapp 31 km/h. Dagegen braucht die Magnetschwebebahn vom EXPO-Park bis Fujisawa 14 Minuten für 7 Kilometer und landet so bei nur 30 km/h – trotz unabhängiger geradliniger Trassierung auf weiten Teilen der Strecke und einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Die ungünstig trassierte Einbindung des östlichen Streckenendes in das Stadtbild bzw. die Metro-Station Fujigaoka machen den Geschwindigkeitsvorteil auf der schnellstraßennahen Trasse leider zu Nichte.



Einen kleinen Imbiss im unteren Teil des Einkaufszentrums später setzen wir die Reise zu unserem zweiten Tagesziel fort.


Die Nishi-Nagoyakō Line („Westhafenlinie“) war ursprünglich eine dem Güterverkehr vorbehaltene Hafenbahn, die verschiedene Gleisanschlüsse im Hafengebiet von Nagoya an die Tōkaidō Main Line anbindet. Da das Verkehrsaufkommen im Güterverkehr durch die zunehmende Konkurrenz des LKW im späten 20. Jahrhundert rückläufig war, wurde die Ertüchtigung der Strecke für den Personenverkehr als alternative Nutzungsmöglichkeit überlegt. Die Strecke wurde daraufhin elektrifiziert, vollständig zweigleisig ausgebaut und teilweise auf ein neu gebautes erhöhtes Viadukt verlegt, um Bahnübergänge zu beseitigen. Seit 2004 binden Personenzüge auf der nun als Aonami Line bezeichneten Strecke den Stadtbezirk Minato an das Eisenbahnnetz an. Der Name setzt sich zusammen aus der Linienfarbe blau („ao“) sowie den ersten Silben der Stadt Nagoya und des Bezirks Minato. Die Züge fahren tagsüber im 15-Minuten-Takt und zu den Stoßzeiten etwas häufiger. Sie werden von der Nagoya Waterfront Rapid Transit betrieben, einer Gesellschaft des sogenannten „dritten Sektors“. Das bedeutet, die Betriebsgesellschaft ist ein Unternehmen in öffentlich-privater Trägerschaft („PPP – public-private partnership“). Sie wird zum Großteil von öffentlichen Investoren gehalten, die operative Verluste aus dem Betrieb mit staatlichen Zuschüssen zum Firmenkapital ausgleichen können. Auf diese Weise können auch in Japan unrentable Strecken (weiter) betrieben werden, falls deren Betrieb im öffentlichen Interesse steht. Bei der Aonami Line standen z. B. hohe Abschreibungskosten aus der Umrüstung der Güterstrecke für den Personenverkehr einem wirtschaftlichen Betrieb anfangs entgegen. Neben dem Personenverkehr fahren auch weiterhin Güterzüge auf der Strecke, an der heute u. a. der Güterbahnhof von Nagoya liegt.


Die Strecke endet am Bahnhof Kinjōfutō auf einer der vielen künstlichen Inseln im Hafengebiet von Nagoya. Die Endstation erschließt eine ganze Reihe von Freizeiteinrichtungen für den Personenverkehr. So befinden sich hier u. a. das Legoland Japan, das Sea Life Center Nagoya sowie die Messe Nagoya. Unser Ziel ist aber, wie eingangs angekündigt, das Eisenbahnmuseum der JR Central.

Allein der Name zeigt, dass es JR Central bei diesem Museum nicht nur um die Erhaltung historischer Artefakte und Fahrzeuge geht, sondern auch um Werbung für ihre Zukunftstechnologie. Spätestens im Begrüßungsraum der Ausstellung wird das dann unmissverständlich klar 😉



Japan plant bzw. baut aktuell die erste Hochgeschwindigkeitsfernstrecke für eine Magnetschwebebahn weltweit – also das, wofür das System einst erdacht war, bevor jemand auf die Idee kam, man könnte damit in 10 Minuten im Hauptbahnhof in den Flieger einsteigen 🙂 Wie dem auch sei: Das Museum zeigt einerseits die Pläne für diese neue Strecke und die Forschung und Technik dahinter, andererseits aber auch Geschichte und Fahrzeuge des „normalen“ Shinkansen sowie der konventionellen Eisenbahn.

Im folgenden zeige ich Eindrücke aus der Ausstellung von der konventionellen Eisenbahn über den Shinkansen bis zur Präsentation des Maglev-Konzepts.



Nicht nur der Großteil der Ausstellung dieses Museums kommt dem Shinkansen zu Gute, sondern auch fast die gesamte Marketing-Strategie der JR Central. Gerade der englischsprachige Internet-Auftritt des Unternehmens bewirbt ausschließlich den Shinkansen, als würde die Gesellschaft keine anderen Strecken betreiben. Dazu sollte man aber auch wissen, dass über 90% des Umsatzes aus dem Eisenbahnbetrieb der JR Central durch den Tōkaidō Shinkansen erwirtschaftet werden. JR Central ist damit die profitabelste JR-Gesellschaft, obwohl das Verkehrsgebiet deutlich kleiner ist als das von z. B. JR East und JR West.




Gemäß Aushang waren die Speisewagen damals äußerst beliebt. Manche Reisende reservierten extra in den mit dieser Baureihe gefahrenen Zügen, um darin speisen zu können. Dennoch wurden sie 1998 abgeschafft und durch normale Sitzwagen ersetzt, um der steigenden Fahrgastnachfrage auf der Shinkansen-Strecke gerecht zu werden.






Schließlich kommen wir nun in den Raum, der dem „Superconducting Maglev“ (damit erklärt sich auch das „SC“ im Namen des Museums) gewidmet ist. Japan hat diese Technologie der supraleitenden Magnetschwebebahn in den letzten Jahrzehnten entwickelt, um eine neue Hauptstrecke im Fernverkehr von Tōkyō nach Ōsaka zu bauen, die bisherige Shinkansen-Reisezeiten von rund 2,5 Stunden in den Schatten stellen soll. Notwendig ist diese Kapazitätserweiterung auf dem wichtigen Korridor zwischen den beiden größten Städten des Landes allemal, da der Tōkaidō Shinkansen schon seit Jahren an der Belastungsgrenze betrieben wird.





Die Ausstellung zeigt auch auf, welche Schwierigkeiten beim Bau einer solchen Strecke bestehen. Es sind riesige Bogenradien und Kuppen- sowie Wannenhalbmesser erforderlich und die Strecke führt noch dazu über hunderte Kilometer durch ein Gebirge. Aus Bild 8-60 lässt sich ableiten, dass der Großteil der Strecke im Tunnel gebaut wird. Selbst manche Abschnitte auf Viadukten oder ebenerdig werden aus Lärmschutzgründen eingehaust. Die Fahrt mit der Schwebebahn wird also eher zum U-Bahn-Erlebnis als zu einer besonders schnellen Zugfahrt. Im Museum wird zur Demonstration dieses Erlebnisses ein „Fahrgast-Simulator“ angeboten: Ein Nachbau des Innenraums des Testfahrzeuges mit Bildschirmen hinter den Fenstern, die das Flackern der Tunnellichter während der „Fahrt“ animieren (und bei denen selbst Personen ohne Neigung zur Epilepsie schnell schlecht werden kann…). Es gibt eben nichts, das es nicht gibt 😉
Das Projekt Chūō Shinkansen befindet sich aktuell in der laufenden Bauausführung. Ursprünglich war geplant, den Abschnitt Tōkyō – Nagoya bis 2027 und die Verlängerung nach Ōsaka bis 2045 zu eröffnen. Letztere wurde durch zusätzliche staatliche Mittel auf 2037 vorgezogen. Während der Bauarbeiten kam es 2020 allerdings zu politischem Widerstand in der Präfektur Shizuoka. Die lokalen Behörden verweigerten den Bau des nur 9 Kilometer langen Abschnitts der Maglev-Strecke auf der Gemarkung ihrer Präfektur und beriefen sich auf Sorgen, die Bauarbeiten könnten den Grundwasserspiegel in der Region absenken, da Wasser des Bergfluss Ōi in den Tunneln versickern könnte. Obwohl ein Gutachten aus dem Jahr 2021 bescheinigt, dass im laufenden Betrieb das Wasser aus den Tunneln vollständig in den natürlichen Wasserkreislauf zurück geführt werden kann und die Verluste während der Bauzeit vernachlässigbar gering wären, blieb der Widerstand gegen das Projekt vorerst bestehen. Das Gutachten wurde durch den Gouverneur der Präfektur Shizuoka als unzureichend kritisiert und zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushalts der Region während der Bauzeit durch JR Central wurden nicht honoriert. Beobachter vermuten hinter dem Widerstand der Regionalregierung ein anderes Kalkül: Die Präfektur Shizuoka wollte die Zusage für einen neuen Bahnhof unter dem Flughafen Shizuoka an der Tōkaidō Shinkansen, sobald die Maglev-Strecke fertig ist. Damit würde einerseits der Regionalflughafen zu einem weiteren Hub in der Region Tōkyō aufsteigen, andererseits würde der Haltestellenabstand zwischen Shizuoka und Kakegawa an der Shinkansen-Strecke recht gering werden. Schließlich löste sich die Angelegenheit 2024 auf, nachdem der bisherige Gouverneur wegen diskriminierenden Äußerungen in einer anderen Sache zurück getreten war und der neue Amtsinhaber den Bau wieder bewilligt hatte. Trotzdem ist der Zeitplan bis 2027, auch aufgrund Schwierigkeiten an weiteren Stellen im Bau, nicht einzuhalten. Die Strecke Tōkyō – Nagoya soll nun frühestens 2034 in Betrieb gehen.


Insgesamt lohnt sich der Eintrittspreis von 1.200 Yen (7,50 €) durchaus, auch wenn viele Erläuterungen im Museum nur auf Japanisch verfügbar sind. Der kundige Besucher wird mit den meisten Exponaten etwas anzufangen wissen 😉


Im Zug erfolgen die Ansagen überraschenderweise neben Japanisch, Chinesisch und Englisch auch auf Portugiesisch. Im 20. Jahrhundert wanderten viele Japaner nach Brasilien aus. Deren Nachkommen, in zweiter oder dritter Generation gebürtige Brasilianer, stellen in umgekehrter Richtung heute die fünftgrößte ethnische Minderheit Japans (und zugleich die fünftgrößte brasilianische Diaspora weltweit) dar. Die größte räumliche Konzentration brasilianischer Einwanderer in Japan ist in der Präfektur Aichi anzutreffen. Deshalb sind an vielen Stellen in Nagoya und Umgebung Beschilderungen und Ansagen auch in portugiesischer Sprache vorzufinden.


Mit diesem erkenntnisreichen Ausflug haben wir nun die Halbzeit der Reise erreicht. Am nächsten Tag werden wir uns wieder etwas schonen und nicht ganz so weit mit der Bahn ins Land hinaus fahren. Dafür erwartet uns mehr einsame Natur und spektakuläre Landschaft 🙂