Tag 7 / 16

Zurück zur Übersicht

Zurück zu Tag 6

Die erste Woche in Japan neigt sich dem Ende zu und am heutigen Sonntag werden wir vorrangig im Zug sitzen und, soweit das Wetter es zulässt, die schöne und vielfältige Küstenlandschaft der Kii-Halbinsel genießen. Die Halbinsel erstreckt sich südlich von der Hauptinsel Honshu in den Pazifik bzw. in die Buchten von Wakayama und Ōsaka der Seto-Inlandsee. Sie wird durch die Kisei Main Line, eine fast 400 Kilometer lange Hauptstrecke von JR Central und JR West, umrundet. Da (mit Ausnahme der ersten 15 Kilometer) auf der gesamten Strecke Fernverkehrszüge verkehren, lässt sich die Halbinsel damit bequem umrunden. Wir fahren die Runde heute in Ost-West-Richtung, starten also mit dem Abschnitt der JR Central, und müssen dafür mit dem Shinkansen zunächst nach Nagoya anreisen.

Bild 7-1: Unser heutiger Shinkansen der Baureihe N700 trägt Werbung für das Disneyland in Tōkyō.
Bild 7-2: Neben Rapunzel, die den Endwagen ziert, finden sich entlang des Fahrzeugs verschiedene Figuren und Themen des Disney-Universums, hier z. B. Peter Pan.
Bild 7-3: Unterwegs erneut viele Reisfelder, nun aber mit besserem Wetter (das leider nicht den ganzen Tag über so bleiben wird…)
Bild 7-4: In Nagoya angekommen wechseln wir zu den Schmalspur-Gleisen, wo gerade ein Nahverkehrszug pausiert.
Bild 7-5: Dann kommt unser Zug, der Limited Express Nanki 1 nach Kii-Katsuura, mit planmäßiger Abfahrt um 8:01.

Der Nanki verbindet die Großstadt Nagoya am Tōkaidō-Shinkansen mit Nachikatsuura und weiteren Küstenorten an der Ostküste der Halbinsel. Benannt ist der Zug nach seinem Fahrtziel, denn der südliche Teil der Kii-Halbinsel wird auch als „Nanki“ bezeichnet. Die Trennlinie zwischen Nord und Süd bildet eine tektonische Verwerfung, die sich in Ost-West-Richtung durch die Halbinsel sowie die benachbarte Hauptinsel Shikoku zieht. Die Verwerfung ist auf Satellitenbildern gerade im Westen der Halbinsel deutlich zu erkennen (dort bildet sie das Flusstal des Kinokawa aus). Auf dem Limited Express Nanki kommen recht neue diesel-elektrische Triebwagen der Baureihe HC85 zum Einsatz, die erst 2022 in Serie an JR Central ausgeliefert wurden. Das Angebot besteht aus vier täglichen Hin- und Rückfahrten nebst zusätzlicher Züge zu den Hauptreisezeiten.

Bild 7-6: JR Central bewirbt den dieselelektrischen Antrieb als „Hybrid“, auch wenn das fachlich nicht ganz korrekt ist (eigentlich handelt es sich bei dem Fahrzeug, wie wir im nächsten Bild sehen, um einen sogenannten „Mit-Hybriden“).
Bild 7-7: Diese Animation im Fahrzeug soll den Fahrgästen die Antriebstechnologie näher bringen: Der Dieselmotor (Engine) speist einen Generator (Motor), der beim Bremsen Energie an einen Akkumulator (Battery) rekuperiert. Die wird wiederum beim Beschleunigen genutzt, um den Dieselmotor zu entlasten. Kurzum: Ein moderner diesel-elektrischer Antrieb mit regenerativer Bremse. Da der Akku aber nicht ganz unabhängig vom Dieselmotors für rein elektrisches Fahren verwendet werden kann, handelt es sich bei dem Fahrzeug nur um einen Mit-Hybriden (im Gegensatz zum Voll-Hybriden).

Die Kisei Main Line erreicht der Nanki erst am Bahnhof Tsu, rund 65 Kilometer von Nagoya entfernt. Zuvor nutzt der Zug die teils eingleisige, aber elektrifizierte Kansai Main Line bis Kawarada und ab dort die private, nicht-elektrifizierte Ise Line der Ise Railway bis Tsu. Die Ise Line ist die einzige Strecke der Ise Railway. Sie stellt für die direkten Züge von Nagoya nach Tsu eine Abkürzung dar. Während der Weg über die Kansai Main Line und die Kisei Main Line mit Verknüpfung in Kameyama rund 31 Kilometer lang ist und einen Fahrtrichtungswechsel erfordert, können Züge auf der Ise Line von Kawarada nach Tsu in rund 22 Kilometern durchfahren. Aufgrund ihrer günstigen Lage im Netz wird die Ise Line durch den Limited Express Nanki sowie den Rapid Mie (eine Verbindung von Nagoya nach Toba in der Präfektur Mie) der JR Central befahren. Die Trassennutzungsgebühren, die JR Central für die Benutzung der Ise Line entrichtet, stellen die Haupteinnahmequelle der Ise Railway dar.

Bild 7-8: Der Zug überquert bei Yatomi den Kiso River, einen von drei parallelen Flüssen, die aus der Nōbi-Ebene (in der sich die Metropolregion Nagoya befindet) in die Bucht von Ise im Osten der Kii-Halbinsel fließen. Die beiden anderen Brücken tragen die private Kintetsu Nagoya Line sowie die Nationalstraße 1 über den Fluss.

Leider erschwert die Streckenführung über die Ise Railway tariflich die Buchung und Nutzung des Zuges für Inhaber eines Japan Rail Pass. Die Fahrt über die Privatbahn kostet einen Aufpreis von 520 Yen (3,25 €) für die Streckenfahrkarte von Kawarada nach Tsu zuzüglich 320 Yen (2,00 €) Zuschlag für den Limited Express. Online und am Automaten können Fahrgäste mit dem Japan Rail Pass keine Sitzplatzreservierungen buchen, die diesen Abschnitt beinhalten. Grund dafür ist der automatische „Komfort-Check-In“ in den reservierten Wagen. Würden kostenlose Reservierungen für Fahrgäste mit Japan Rail Pass ausgestellt, würden die während der Fahrt vom Zugpersonal nicht für die Nachzahlung angesprochen – auch wenn sie den Aufpreis für die Privatbahn noch nicht bezahlt haben. Möglicherweise kann eine Reservierung inklusive Aufpreis am Schalter der JR-Bahnen erworben werden. Das habe ich aber nicht in Erfahrung gebracht. Statt dessen habe ich mich für eine andere Lösung entschieden, denn der Nanki führt einen nicht-reservierten Wagen mit. Die freie Platzwahl darin ist an diesem Sonntagmorgen kein Problem, denn der Wagen ist halb leer. Von Nagoya bis Tsu fahren wir so im nicht-reservierten Wagen mit und wechseln dort in einen der noch leereren reservierten Wagen. Im nicht-reservierten Wagen kontrolliert der Zugführer zwischen dem ersten Unterwegshalt in Kuwana und dem letzten JR-Halt vor der Privatbahn in Yokkaichi die Fahrkarten. Den Fahrgästen mit Japan Rail Pass verkauft er den Zuschlag und Aufpreis gegen Barzahlung (wobei er zwei amerikanischen Touristen erst ausführlich erklären muss, warum der Zuschlag notwendig ist).

Bild 7-9: Auf den Hauptstrecke sehen japanische Güterzüge eher eintönig aus (eine Lok mit 20 – 25 Container-Tragwagen). Im Bahnhof Yokkaichi sehen wir allerdings, dass es auch in Japan noch andere Güterwagen, z. B. Kesselwagen, gibt.

Auf der Ise Railway nimmt der Nanki noch einen Zwischenhalt in der Stadt Suzuka mit. Suzuka ist weltbekannt für die Austragung des Großen Preis von Japan in der Formel 1. Zur Anbindung der Rennstrecke befindet sich südlich der Stadt der Haltepunkt Suzuka Circuit Inō, der normalerweise nur von den einteiligen Dieseltriebwagen des Nahverkehrs der Ise Railway bedient wird. An Tagen mit Veranstaltungen halten dort aber auch (zusätzliche) Züge des Nah- und Fernverkehrs, die normalerweise durchfahren würden. Kurz darauf zweigen wir bei Tsu wieder in das JR-Netz ein.

Bild 7-10: Zwischen Taki und Kihoku quert die Strecke mit zahlreichen Tunneln das Kii-Gebirge. Hier passieren wir einen Campingplatz am Ōuchiyama River nahe der Ortschaft Taikihara.
Bild 7-11: Zudem überquert die Strecke oft und in kurzer Folge den Ōuchiyama River, hier z. B. in der Ausfahrt aus dem Bahnhof Ōuchiyama.
Bild 7-12: Nachdem wir das Gebirge überwunden haben, sehen wir im Zulauf auf den Bahnhof Kii-Nagashima erstmalig auf dieser Reise eine Bucht des Pazifik.

Im Zug werden an einigen Stellen Informationen zur Landschaft und zur Strecke in Japanisch und Englisch über den Lautsprecher abgespielt. Pünktlich um 10:17 erreicht der Nanki 1 den Bahnhof Kii-Nagashima. Dort sind einige Minuten Aufenthalt für die planmäßige Kreuzung mit dem Nanki 4 nach Nagoya eingeplant.

Bild 7-13: In Kii-Nagashima wartet der Nanki 1 einige Minuten auf die Kreuzung mit dem Gegenzug.
Bild 7-14: Der Zug wird aus einer Doppeltraktion zweier zweiteiliger Triebwagen gebildet, zwischen denen ein Wagenübergang möglich ist. Die zweiteilige Version der Baureihe HC85 hat kein Green Car.
Bild 7-15: Nano-Museum 😉

Weiterhin pünktlich um 10:25 geht die Fahrt weiter. Die Strecke verläuft nun in Küstennähe, allerdings wegen der rauen Beschaffenheit der Küstenlinie erneut durch viele Tunnel. Abschnittsweise erinnert der Streckenverlauf ein wenig an die Hauptstrecke der Trenitalia durch die Cinque Terre.

Bild 7-16: Eine weitere Bucht südlich des Bahnhofs Kii-Nagashima.
Bild 7-17: Kurz darauf ein Blick auf das „offene“ Meer.
Bild 7-18: Eine Stunde später ein für Japan eher untypischer Ausblick: Zwischen den Halten Kumanoshi und Shingū fahren wir einen fast 20 Kilometer langen Strand entlang.

Der Bahnhof Shingū bildet die Verwaltungsgrenze zwischen JR Central und JR West. Ab hier beginnt auch wieder der Fahrdraht, der über die gesamte restliche Runde um die Halbinsel reicht. Trotzdem endet der Nanki hier nicht, sondern fährt nach einem Personalwechsel auf dem Abschnitt der JR West noch weiter bis zum nächsten Fernbahnhof Kii-Katsuura, an dem die Fahrt endet.

Bild 7-19: Um 11:56 erreicht der Nanki 1, der zu diesem Zeitpunkt nur noch mit rund 10 Fahrgästen besetzt ist, seinen Endbahnhof Kii-Katsuura.

Der Bahnhof Kii-Katsuura liegt in der Gemeinde Nachikatsuura, die aus der Zusammenlegung der benachbarten Kleinstädte Nachi und Katsuura entstanden ist. Der zusammenhängende Badeort hat heute rund 15.000 Einwohner. Da wir auf die Rückfahrt mit dem Fernzug der JR West nach Ōsaka – diesmal „anders herum“ um die Halbinsel – noch über eine Stunde warten müssen, schauen wir uns entlang der felsigen Pazifikküste um.

Bild 7-20: Bucht von Nachi mit Schrein auf einer vorgelagerten Felsen-Insel
Bilder 7-21 und 7-22: Felsenküste zum Pazifik in Nachikatsuura. Von hier aus sind es nur noch gut 6.500 km ostwärts bis nach Honolulu 😉
Bild 7-23: Der Hafen der Stadt befindet sich in der innenliegenden Bucht von Kii-Katsuura und ist damit vor dem starken Wellengang der Hochsee geschützt. Das Gebäude auf dem Hügel ist ein Hotel; der westliche Teil der Landspitze ist deshalb den Hotelgästen vorbehalten.
Bild 7-24: Der Dorfbus-Fahrplan zeigt deutlich, dass wir uns hier „auf dem Land“ befinden 😉
Bild 7-25: Am Ende der Runde können wir noch einen Local der Kisei Main Line nach Kii-Tanabe bei der Einfahrt in den Bahnhof Kii-Katsuura beobachten. Die Leistung übernimmt ein zweiteiliger Triebwagen der Baureihe 227.

Waren die Orte, die wir bisher besucht haben, sehr belebt (aus Sicht der Anwohner teilweise schon zu belebt), so bewegen wir uns in der Kleinstadt völlig abseits der üblichen Touristenpfade. Auf den Straßen im Ort ist es wohl auch wegen des trüben Wetters sehr ruhig. An der Küste sind wir weit und breit alleine unterwegs. Es gibt also auch im trubeligen Japan die eher ruhigen Ecken, an denen man sich nicht andauernd gegenseitig im Weg steht 😉

Um 13:46 holt uns der Limited Express Kuroshio 26 ab, mit dem wir in exakt 4 Stunden den Bahnhof Ōsaka wieder erreichen werden. Der Kuroshio verbindet Ōsaka mit dem Westen und Süden der Kii-Halbinsel. Ihren Namen verdanken die Züge der Kuroshio-Strömung, einer Warmwasserströmung im Pazifik, die im Südwesten auf die Halbinsel trifft. Sie wirkt ähnlich wie der Golfstrom in Europa auf das japanische Klima und sorgt u. a. für eher milde Winter im Süden und Westen des Landes. Im Namen der Strömung steckt wiederum das Wort „kuro“ (schwarz), das auf die dunkle Färbung des tiefen und klaren Wassers hindeutet. Die Züge des Limited Express Kuroshio verkehren von Ōsaka bis Shirahama an der Westküste der Kii-Halbinsel im Stundentakt (wobei einzelne Fahrten nur von Freitag bis Sonntag fahren). Auf dem anschließenden Streckenabschnitt bis Shingū über Kii-Katsuura fahren ca. 5 Zugpaare pro Tag.

Bild 7-26: Vor unserem Zug trifft noch der Kuroshio 5 nach Shingū in Kii-Katsuura ein. Den Zug bildet ein Triebwagen der Baureihe 283, die auf dieser Strecke wegen des blauen Anstrichs als „Ocean Arrow“ bezeichnet wird.
Bild 7-27: Ein Panda fährt Intercity 🙂 Auf unserem Kuroshio 26 kommt ein Triebwagen der Baureihe 287 im speziellen Panda-Design zum Einsatz.

Das Design des Zuges soll an den Arten- und Umweltschutz im Rahmen der UN-Ziele (Sustainable Development Goals) erinnern. Die Idee dafür ist allerdings kommerziell entstanden als Werbeaktion für den Themenpark mit Panda-Zoo „Adventure World“ in Shirahama. Im Zug haben die Sitze der Standard-Klasse, ausgenommen einige „women-only seats“, Kopfstützen mit Panda-Muster. Was es mit den für Frauen reservierten Sitzplätzen auf sich hat, erkläre ich auf einer anderen Fahrt an Tag 10.

Bilder 7-28 – 7-31: Weitere Eindrücke von der Pazifikküste zwischen Kii-Katsuura und Kushimoto.

In Kushimoto ist die Südspitze der Halbinsel erreicht, sodass die Strecke anschließend entlang der Süd- und Westküste führt. Leider wird das seit Stunden schon trübe Wetter hier noch schlechter und es beginnt zu regnen. Die trotzdem schöne Aussicht kann ich deshalb hier nicht zeigen; zwischen Tunneln und Abschnitten im Wald gibt es aber regelmäßig Ausblicke wie auf den vorherigen Bildern.

Gegen 15:20 erreichen wir Shirahama. Unser 6-teiliger Triebwagen fährt langsam als Rangierfahrt an den Bahnsteig, um auf einen dort bereits wartenden 3-Teiler aufzukuppeln. Mit nun 9 Wagen setzt der Zug seine Fahrt auf dem stärker frequentierten Streckenabschnitt in Richtung Ōsaka fort.

Bild 7-32: Bei Iwashiro verläuft die Strecke noch einmal direkt am Meer – hier bereits an der (breiten) Meerenge, die den offenen Pazifik mit der Seto-Inlandsee verbindet.
Bild 7-33: Wegen der küstennahen Streckenführung gehört auch das zur Realität: Ein Informationsblatt zur möglichen Evakuierung des Zuges im Fall einer Tsunami-Warnung.

Dazu sei erwähnt, dass es in Japan aufgrund der Anfälligkeit des Landes für Naturkatastrophen üblich ist, neben dem Wetterbericht auch regelmäßig die Katastrophenwarnlage zu überprüfen. Während meiner gesamten Reise droht zum Glück keine Gefahr durch Unwetter oder Katastrophenereignisse, aber auch als Tourist sollte man für den Ernstfall vorbereitet sein (oder zumindest damit rechnen, dass er eintreten kann).

Gegen 16:50 erreichen wir das Ende der Kisei Main Line in der Präfektur-Hauptstadt Wakayama im bereits angesprochenen Kinokawa-Tal. Dort geht der Limited Express Kuroshio auf die durchgehend zweigleisige Hanwa Line über, die im dichten Vorortverkehr um Ōsaka bedient wird. Die Strecke quert den letzten Gebirgszug der Halbinsel über den Onoyama-Pass und erreicht bei Izumi-Sunagawa das flache Terrain der Bucht von Ōsaka. Die letzten 40 Kilometer bis zum Bahnhof Tennōji fährt der Zug durch die endlosen Wohngebiete der Vororte von Ōsaka. Schließlich werden wir im Stadtgebiet von Ōsaka im Uhrzeigersinn auf die Ōsaka Loop Line nach Nishikujō und weiter auf die Umeda Freight Line in die unterirdischen Gleise des Hauptbahnhofs von Ōsaka geleitet.

Bild 7-34: Um 17:46 erreicht der Panda-Zug, der noch bis zum Shinkansen-Bahnhof Shin-Ōsaka weiterfahren wird, den unterirdischen Teil des Bahnhofs Ōsaka.
Bild 7-35: Hier noch der Bildbeweis für die Vereinigung des 6-teiligen „Pandas“ mit einem 3-teiligen Verstärkungsmodul unterwegs. Obwohl beide Triebwagen der gleichen Baureihe entstammen, ist kein Übergang zwischen den beiden Endwagen möglich.

An dieser Stelle könnte der Tag nun vorbei sein und in Bezug auf die Eisenbahn ist er das (fast) auch. Allerdings ist der Abend noch jung und am nächsten Tag muss ich nicht mehr all zu früh aufstehen. Daher kam während der Reise die Idee auf, das EXPO-Gelände an diesem Tag noch einmal abends nach Einbruch der Dunkelheit zu besuchen. Diese Idee wollte gut überlegt werden, denn einerseits kostet die Abendkarte immerhin 3.700 Yen (23,15 €) für gerade einmal rund 2,5 Stunden zwischen Sonnenuntergang und Räumung des Geländes, andererseits bietet die nächtliche Perspektive mit die schönsten Ansichten. Schließlich hat mich das Argument überzeugt, dass es sich bei der EXPO (zumindest an diesem Ort) um ein einmaliges Ereignis handelt. So habe ich am Vortag bequem online über meinen EXPO-ID-Account eine Abendkarte gekauft – in der Hoffnung, bei Nacht vieles auf dem Gelände noch einmal neu oder anders zu entdecken. Schließlich sollte sich diese Hoffnung erfüllen.

Bild 7-36: Abends gibt es kaum noch Anreiseverkehr zur EXPO. Daher nutzen wir den schnellstmöglichen Weg vom Bahnhof Ōsaka zum EXPO-Gelände auf Yumeshima und fahren mit der Ōsaka Loop Line bis Bentenchō.
Bild 7-37: Dieser Zug trägt Werbung für den Freizeitpark Universal Studios Japan an der Sakurajima Line, der u. a. eine „Super Mario“-Themenwelt umfasst.
Bild 7-38: In Bentenchō steigen wir um in die Ōsaka Metro Chūō Line nach Yumeshima.
Bild 7-39: Noch ist die U-Bahn schön leer…

Yumeshima erreichen wir zum Ende der „blauen Stunde“ gegen 19:15. Entgegen der Lastrichtung haben wir hier nun leichtes Spiel 😉

Bild 7-40: Keine Schlange, kein Warten, einfach nur durchgehen. In weniger als 5 Minuten sind wir auf dem Gelände.

Es folgen nun einige Eindrücke von meinem Nachtbesuch, bei dem ich ausschließlich auf dem Außengelände unterwegs war. Manches wird aus Teil 2 bekannt vorkommen, anderes ist neu (oder anders).

Bild 7-41: Während der Holzring tagsüber Schatten spenden soll, bildet er nachts einen illuminierten Rundweg um das Gelände.
Bild 7-42: Tagsüber unscheinbar, fällt das niederländische Pavillon nachts mit seiner großen mittigen Kugel auf, die wie der Mond anzusehen ist.
Bild 7-43: Wenn die niederländische Kugel der Mond ist, dann ist die von Singapur der Mars 😉
Bild 7-44: Auch das Pavillon von Indonesien kommt in seiner leicht anmutenden Bauweise nachts besonders zur Geltung.
Bild 7-45: Durch die indirekte Beleuchtung sehen Besucher des kanadischen Gebäudes nicht nur innen, sondern auch außen Eisberge.
Bild 7-46: Das Treppendesign des spanischen Pavillons bietet den Vorteil, das ganze Gebäude in minütlich wechselnden Farben präsentieren zu können.
Bild 7-47: Nachts kommt das deutsche Pavillon (passend zum Thema Kreislaufwirtschaft) genauso schlicht daher wie tagsüber.
Bild 7-48: Am österreichischen Gebäude sind die „Noten“ jetzt noch besser lesbar 😉
Bild 7-49: Auch die Schriftzeichen im chinesischen Pavillon stechen durch die indirekte Beleuchtung hervor.
Bild 7-50: Viele Aussteller werben nachts mit animierten Beiträgen auf großen Bildschirmen, z. B. hier das Land Belgien.
Bild 7-51: Ein anderes Beispiel ist dieser „Dach-Monitor“ auf dem indischen Gebäude (der leider für den geneigten Zuschauer wegen der geringen Betrachtungshöhe etwas unpraktisch platziert ist).
Bild 7-52: Australien verbindet Szenen aus dem Land auf einem gekrümmten Bildschirm mit einer passenden Beleuchtung der gesamten Halle.
Bild 7-53: (Süd-)korea spielt bei dieser Animation mit der Größe und Bewegung der Buchstaben. An Tag 2, an dem wir die EXPO tagsüber besucht haben, war der Ausstellungstag übrigens dem Land Südkorea gewidmet, sodass eine Parade mit Personen in traditioneller Kleidung unter dem Ring entlang zog.
Bild 7-54: Mein persönlicher Favorit ist aber abseits der großen Pavillons dieses kleine runde Gewächshaus 🙂
Bild 7-55: An der Südpromenade des Geländes findet abends um 19:30 und 20:30 eine Lightshow statt, die vom großen Ring aus gut betrachtet werden kann.
Bild 7-56: Schließlich rundet eine Drohnen-Show des Kansai Pavillons mit dem Titel „One World – One Planet“ um 21:00 das Programm ab, bevor die Ordner gegen 21:15 beginnen, das Gelände zu räumen.
Bild 7-57: Mit dieser Kontrastaufnahme des EXPO-Maskottchens verabschieden wir uns nun endgültig von der EXPO 2025.

Die EXPO 2025 gilt für uns damit als erledigt; nicht aber das Leitthema „EXPO“ der Reise, auf das wir in den folgenden Tagen noch zurückkommen werden. Japan war diesbezüglich sehr aktiv in den letzten Jahrzehnten 😉

Zum Ende des Tages steht noch die Heimfahrt an. Nun ist die EXPO an einem Sonntagabend nicht schlecht besucht und rund 70% der Besucher reisen, so wie wir, mit der Metro an und ab. Obwohl viele bereits vor Sonnenuntergang gegangen sind, strömen jetzt gegen 21:30 tausende Menschen gleichzeitig auf die Metro zu. Das erfordert Organisation – um die man sich als Besucher aber keine Sorgen machen muss, denn die Japaner haben ein Talent dafür. Nach dem Verlassen des Geländes durch das breite Eingangstor wird der Zustrom zur Metro durch Metallzäune verengt, sodass ca. 8 Personen nebeneinander gehen können. Die Wegeführung und Breite des Zustroms ist darauf optimiert, pro abfahrendem Zug so viele Fahrgäste auf den Bahnsteig zu bringen, wie dieser fassen kann. Entsprechend verläuft der Zustrom zwar sehr langsam, aber kontinuierlich. Es geht immer voran! Das Tor zum Gelände haben wir um 21:30 verlassen. Um 21:57, also gerade einmal eine halbe Stunde später, fahren wir mit der Metro aus dem Bahnhof Yumeshima.

Bild 7-58: Auslastung der Metro, wenn tausende Menschen gleichzeitig vom EXPO-Gelände abreisen. Die 6-Wagen-Züge sind auf je ca. 800 Personen ausgelegt, allerdings treten schon in der werktäglichen HVZ häufig Auslastungen bis 150% auf. Heute Abend dürfe das offensichtlich ebenfalls der Fall sein…
Bild 7-59: EXPO-Sonderfahrplan der Ōsaka Metro Chūō Line. Zu den An- und Abreisezeiten fahren die Züge im 2,5-Minuten-Takt.

An den Umsteigestationen, allen voran in Bentenchō, stehen überall Ordner mit Schildern und Megaphonen, um den Fahrgästen den Weg zum Anschlusszug zu weisen und wartende Fahrgäste gleichmäßig auf die Bahnsteige zu verteilen. Insgesamt verläuft die Abreise dadurch reibungslos und wir sind nach nur 5 Minuten Umsteigezeit in der Ōsaka Loop Line auf dem Weg zum Hauptbahnhof.

Bild 7-60: Um 22:26, eine Stunde nach dem Verlassen des EXPO-Geländes, haben wir die Abreise geschafft und sind wieder am Bahnhof Ōsaka angekommen.

Nach 16 Stunden auf den Beinen wird es dann aber Zeit für das Bett. Am nächsten Tag werden wir uns u. a. ansehen, was von einem EXPO-Gelände nach der Weltausstellung übrig bleibt. Außerdem werfen wir einen Blick in die ambitionierte Zukunft des japanischen Bahnverkehrs 🙂

Weiter zu Tag 8