Tag 6 / 16

Zurück zur Übersicht

Zurück zu Tag 5

Der heutige Reisetag wird, gemessen an der gefahrenen Strecke, unser längster in Japan. Über 1.000 Kilometer werden wir mit dem Shinkansen zurücklegen, auch wenn es sich wegen der hohen Geschwindigkeit auf der Schnellfahrstrecke überhaupt nicht so anfühlt. Tag 6 ist ein Samstag und somit Zeit, den Touristenmassen so gut als möglich aus dem Weg zu gehen. Das Tagesziel ist passend dazu eine etwas weniger stark frequentierte Region. Wir fahren heute in den Norden Kyūshūs, der südlichsten der vier großen Hauptinseln Japans. Eine Meerenge, die an ihrer engsten Stelle nur rund 700 Meter schmale Kanmon-Straße, trennt Kyūshū von der größten Hauptinsel Honshū. Die San’yō-Shinkansen unterquert diese Meeresstraße in einem Tunnel, der Kyūshū an das landesweite Hochgeschwindigkeitsnetz anschließt. Zur Reise in die Stadt Fukuoka, der größten auf Kyūshū, nutzen wir heute den selben Zug, mit dem wir auch schon am Vortag nach Hiroshima gefahren waren. Erneut klingelt also früh der Wecker und wir verlassen das Hotel gegen 6:15, um mit einem Nahverkehrszug zum Shinkansen-Bahnhof anzureisen.

Bild 6-1: Der Bildbeweis: Auch die Japaner können Verspätung!

Aufgrund eines Arbeitsunfalls hat der Rapid um 6:21 an diesem Morgen rund 8 Minuten Verspätung. Daher trifft der Local um 6:30 an Gleis 7 zuerst im Bahnhof Ōsaka ein. Als sich der Rapid auch kurz vor 6:30 noch nicht ankündigt, steige ich in den Local ein mit der Hoffnung, der Fdl würde diesen Zug vorfahren lassen. Immerhin bestünde für den Rapid die Möglichkeit, zumindest bis Shin-Ōsaka das Expressgleis der viergleisigen Tōkaido Main Line zu nutzen und dadurch den Local erst später oder „fliegend“ zu überholen. Tatsächlich wird der Einhaltung der korrekten Zugreihenfolge jedoch Vorrang eingeräumt und so wartet der Local, bis der Rapid mit inzwischen +10 abgefahren und der vorausliegende Block frei ist. Mit +3 verlassen wir Ōsaka und kommen in Shin-Ōsaka mit +5 an, da der Local dort vor dem Bahnhof warten muss, bis der Rapid das Gleis freigibt. Ein aus Deutschland nur zu gut bekanntes Phänomen (Köln, Frankfurt, Mannheim, Stuttgart, …).

Bild 6-2: Verspätungszertifikat. In Japan werden bei Verspätungen ab 5 Minuten durch die EVU Verspätungszertifikate ausgegeben, mit denen Arbeitnehmer gegenüber ihren Chefs nachweisen können, dass ihre Verspätung nicht eigenverschuldet war. Die Zertifikate gelten nicht zugscharf, sondern weisen die höchste Verspätung aus, die in einem definierten Zeitraum (z. B. hier am 17.05.2025 von Betriebsbeginn bis 7:00) auf einer Linie aufgetreten ist.

Glücklicherweise haben wir die Umsteigezeit zum Shinkansen in Shin-Ōsaka auf unsere deutschen Gewohnheiten ausgelegt und sind damit trotz Verspätung des Zubringers überpünktlich am Bahnsteig.

Bild 6-3: Anderer Tag, gleicher Zug: Erneut besteigen wir den Sakura 543 in Richtung Kagoshima.
Bild 6-4: In der weiten japanischen Landschaft findet man vor allem sehr viele Reisfelder.
Bild 6-5: Ländliche Idylle im äußersten Westen Honshūs
Bild 6-6: Gegen 9:05 queren wir den neuen Kanmon-Tunnel und erreichen die Insel Kyūshū. Nachdem wir die Industriestadt Kitakyūshū verlassen haben, werden die Wolken langsam lichter.
Bild 6-7: Um 9:28 erreicht Sakura 543 pünktlich den Bahnhof Hakata.

554 Kilometer misst die San’yō-Shinkansen von Shin-Ōsaka bis Hakata insgesamt, die wir gerade in unter drei Stunden geschafft haben. Die Reise mit dem Shinkansen fühlt sich echt schnell an. Das liegt u. a. auch an der gleichmäßigen Fahrweise des Zuges: Beschleunigung und Verzögerung fast direkt an die / ab der Halteposition am Bahnsteig, exklusive Infrastruktur bis in die Innenstädte (also kein Warten auf freie Einfahrt) und direkte „geradlinige“ Trassierung der Strecke. Damit können bei hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten über 200 km/h auch solche Entfernungen bequem als Tagesausflug überwunden werden.

Bild 6-8: Empfangsgebäude des Bahnhofs Hakata

Dass der Bahnhof der Stadt Fukuoka den Namen „Hakata“ trägt, ist für manchen Touristen zunächst wenig intuitiv. Der Name hat jedoch einen historischen Hintergrund: Die Siedlung, die sich ursprünglich an Stelle der heutigen Stadt befand, trug zunächst den Namen „Hakata“. Im 17. Jahrhundert gründete ein Fürst im Westen der heutigen Stadt eine Burg, die er einschließlich der umliegenden Siedlung „Fukuoka“ nannte. Die beiden benachbarten Siedlungen Fukuoka und Hakata wuchsen in den folgenden Jahrhunderten durch den Bevölkerungsanstieg und die Urbanisierung langsam zusammen. 1889 wurden sie im Zuge einer Gebietsreform zusammengelegt und die vereinigte Stadt sollte den Namen „Fukuoka“ tragen. Da der Bahnhof, der sich später zum Hauptbahnhof entwickeln sollte, jedoch auf dem Gebiet der früheren Siedlung Hakata liegt, hat er den Namen „Hakata“ bis heute behalten. Der Name „Fukuoka“ gilt indes dem Endbahnhof der Privatbahn Nishitetsu, der sich heute im zentralen Stadtviertel Tenjin befindet.

Der Bahnhof Hakata ist zugleich für den Shinkansen die Verwaltungsgrenze zwischen JR West und JR Kyūshū. Allerdings führt die Strecke der JR West noch einige Kilometer weiter in den Süden der Stadt zum dortigen Shinkansen-Betriebshof. Aufgrund der sonst nicht vorhandenen Anbindung der südlichen Stadtteile an den Schienenverkehr gibt es dort noch einen Bahnhof: Hakataminami („Hakata Süd“, da „minami“ gleichbedeutend mit „Süden“ ist). Viele Kodama-Züge der San’yō-Shinkansen fahren von Hakata aus weiter als namenlose Züge der Gattung Limited Express nach Hakataminami. Diese Züge werden offiziell der Hakataminami Line zugeordnet, also einer „konventionellen“ Eisenbahnstrecke der JR West, die jedoch faktisch als normalspurige Shinkansen-Trasse ausgebaut ist und ausschließlich mit Shinkansen-Zügen betrieben wird. Weitere Pendelzüge zwischen Hakata und Hakataminami ergänzen das Angebot. Fahrgäste zahlen auf dieser Strecke, da es sich um Stadtverkehr handelt, nur einen recht geringen Zuschlag von 130 Yen (0,80 €) für den Limited Express.

Bild 6-9: Der Kodama 835 aus Okayama (Ankunft 10:00) fährt um 10:09 weiter als namenloser Zug 835 der Hakataminami Line nach Hakataminami.

Die Hakataminami Line werden wir aber nicht nutzen, da es um den südlichen Bahnhof herum außer dem Shinkansen-Depot nicht viel zu sehen gibt und der Bahnhof keine Verbindung zum übrigen Schienennetz aufweist. Statt dessen sehen wir uns in der Innenstadt um.

Bild 6-10: Schön anzusehen ist das Design des Einkaufszentrums Canal City, das wie eine grüne Oase inmitten der Stadt daher kommt.
Bild 6-11: Kihinkan, ein früheres Gasthaus.
Bild 6-12: Ein bewaldeter Hügel… ?
Bild 6-13: … nicht ganz 😉
Bilder 6-14 und 6-15: Ōhorikōen, ein Stadtpark um einen großen Teich im Westen der Stadt nahe der Burg Fukuoka.
Bild 6-16: Fukuoka City Subway (natürlich mit der ICOCA nutzbar)
Bild 6-17: Gegen 11:45 erreichen wir wieder den Bahnhof Hakata, der sich ebenfalls mit viel Stadtgrün in Szene setzen lässt 😉

Am Bahnsteig begegnen uns noch einige interessante Züge, bevor wir unsere Reise mit JR Kyūshū fortsetzen (für die starke Nachbearbeitung der Bilder 6-18 – 6-22 aufgrund des „dunklen“ Ambientes im Bahnhof bitte ich um Verständnis).

Bild 6-18: An Gleis 4 steht ein Zug der Baureihe 787 als Limited Express in Richtung Nagasaki.
Bild 6-19: Der Limited Express „Relay Kamome“ wurde erst vor drei Jahren mit der Eröffnung des Nishi-Kyūshū-Shinkansen eingeführt. Der Zug fährt bis Takeo-Onsen, dort können Fahrgäste in den Shinkansen nach Nagasaki umsteigen.

Bis 2022 hatte noch der Limited Express „Kamome“ die Großstadt Nagasaki direkt an das nationale Fernverkehrsnetz angebunden. Im September 2022 wurde dann die Nishi-Kyūshū-Shinkansen eröffnet, eine Schnellfahrstrecke, welche die Reisezeit zwischen Hakata und Nagasaki um (realistisch) rund 20 Minuten reduziert. Die Besonderheit der Nishi-Kyūshū-Shinkansen ist, dass es sich bei der Strecke um einen Inselbetrieb handelt. Sie führt von Nagasaki über 66 Kilometer bis zum Bahnhof Takeo-Onsen, hat dort aber keinen Anschluss an eine andere Shinkansen-Strecke. Shinkansen-Reisende müssen daher in Takeo-Onsen bahnsteiggleich in einen Fernverkehrszug umsteigen, der auf dem Kapspur-Netz nach Hakata fährt. Da der Linienname „Kamome“ an die Züge des Nishi-Kyūshū-Shinkansen übergegangen war, tragen die „Shuttlezüge“ auf der Schmalspur den Namen „Relay Kamome“. Langfristig soll die rund 50 Kilometer lange Lücke zwischen Takeo-Onsen und der Kyūshū-Shinkansen, wahrscheinlich mit Anschluss am Bahnhof Shin-Tosu, geschlossen werden. Offen ist aber noch, ob diese Verbindung als Neubaustrecke nach Shinkansen-Standard oder als „Mini-Shinkansen“, d. h. als Umspurung oder Ausbau der Schmalspur-Strecke mit Dreischienengleis, ausgeführt werden soll. Die Idee, die Strecke mit umspurbaren Fahrzeugen zu betreiben, wurde nach mäßig zufriedenstellenden Testergebnissen mit mehreren Versuchsträgern verworfen.

Bild 6-20: An Gleis 3 rangiert ein Dieseltriebwagen mit gehobenem Interieur. Es handelt sich um einen der zahlreichen Ausflugszüge der JR Kyūshū, der um 12:19 nach Beppu im Osten der Insel fahren wird. Gehoben auch die Preise: 19.500 Yen (121,90 €) kostet die Fahrt in der billigsten Kategorie. Im regulären Limited Express „Yufu“, der fünf Minuten vorher losfährt und eine halbe Stunde schneller ist, beträgt der Normalpreis ohne Reservierung dagegen 6.710 Yen (41,95 €). Das Fahrzeug der Baureihe 2R ist übrigens ein Unikat, das aus dem Umbau dreier älterer Dieseltriebwagen entstanden ist.
Bild 6-21: An Gleis 2 ist gerade der Limited Express „Huis ten Bosch“ eingefahren. Der Zug der Baureihe 783 verbindet Hakata mit dem namensgebenden „niederländischen“ Themenpark „Huis ten Bosch“ im Westen der Insel und ist passend dazu in Orange lackiert 😉
Bild 6-22: Schließlich steht an Gleis 3 unser Limited Express „Sonic“ bereit.

Die Baureihe 885, die auf dem Limited Express „Sonic“ zum Einsatz kommt, erinnert äußerlich stark an den ICE-T. Tatsächlich hat das Fahrzeug ebenfalls eine aktive Neigetechnik. Die Züge der Baureihe 885 werden inoffiziell als „White Sonic“ bezeichnet. Daneben verkehren auf dem Limited Express Sonic noch Züge der Baureihe 883 als „Blue Sonic“. Der Sonic fährt von Hakata zunächst über die Kagoshima Main Line parallel zum San’yō-Shinkansen in die Stadt Kitakyūshū und nutzt von dort die Nippō Main Line bis nach Beppu und Ōita. Obwohl ein Umweg, ist diese küstennahe Route schneller als die direkte Inlandsverbindung von Hakata nach Ōita / Beppu, die der Limited Express Yufu und der Ausflugszug aus Bild 6-20 nutzen. Wir fahren heute mit dem Sonic 21 um 12:00 von Hakata nach Kokura, dem Hauptbahnhof von Kitakyūshū. Sonic 21 gehört zum schnellen Takt, der zwischen beiden Städten nur zweimal hält. Dazu versetzt gibt es auch noch einen langsamen Takt mit mehr Unterwegshalten.

Bild 6-23: Um 12:39 erreichen wir pünktlich den Bahnhof Kokura. Hier führt der Zug einen Richtungswechsel durch, um den Bahnhof anschließend auf der Nippō Main Line in Richtung Süden zu verlassen.

Kitakyūshū ist eine im Jahr 1963 verwaltungsrechtlich eingerichtete Stadt, die aus mehreren Teilstädten im Norden Kyūshūs besteht – daher auch der Name („Kita“ heißt „Norden“). Die größte Teilstadt ist die Industriestadt Kokura, in der sich der gleichnamige Hauptbahnhof befindet, der vom San’yō-Shinkansen und den Schmalspur-Hauptstrecken der JR Kyūshū bedient wird. Kokura war aufgrund der Bedeutung der Stadt für die japanische Rüstungsindustrie im 2. Weltkrieg als Ziel des Abwurfs der zweiten Atombombe vorgesehen. Wegen schlechter Sichtverhältnisse musste der Pilot des Bombers, der die Atomwaffe an Bord hatte, jedoch auf das alternative Ziel Nagasaki ausweichen (dort war die Sicht ebenfalls nicht gut und die Bombe wurde schließlich nur wenig zielgenau über einem Wohngebiet abgeworfen, da dem Flugzeug der Treibstoff ausging). Auch nach dem Ende des Krieges galt Kokura mit seinem Tagebau und mehreren Stahlwerken lange als dreckige Industriestadt mit starker Luft- und Wasserverschmutzung. Heute ist dem aufgrund des gezielten Engagements der Zivilgesellschaft nicht mehr so. Die Stadt ist genauso sauber wie alle anderen Städte Japans und hat inzwischen auch einen bedeutenden Dienstleistungssektor neben den nach wie vor aktiven Industriebetrieben, die maßgeblich zum Wohlstand Japans in der Nachkriegszeit beigetragen haben. Bahnfreunde kommen in der Stadt allerdings auch auf ihre Kosten:

Bild 6-24: Die Kitakyūshū Monorail 🙂

Bei der Kitakyūshū Monorail handelt es sich um eine rund 9 Kilometer lange Einschienenbahn vom Typ ALWEG, die auf erhöhter Trasse durch die Stadt Kokura führt und die Funktion einer Stadtbahn einnimmt. Sie beginnt direkt im Bahnhof Kokura und endet an der Station Kikugaoka im Süden der Stadt, an die sich der Betriebshof anschließt. Selbstverständlich kann auch für die Fahrt mit dieser Bahn die ICOCA-Bezahlkarte genutzt werden.

Bilder 6-25 und 6-26: Züge der Kitakyūshū Monorail in der Station Kawaraguchi Mihagino.
Bild 6-27: Blick auf die Strecke in Richtung Innenstadt kurz vor der Endstation. Die Züge der Monorail werden (noch) manuell gefahren; mit der nächsten Fahrzeuggeneration soll allerdings auf automatischen Betrieb umgestellt werden.
Bild 6-28: Endstation Kikugaoka. Sehr gut zu erkennen ist hier der bauliche Aufwand zu Errichtung einer Station an der erhöhten Trasse, die dann bestenfalls noch einigermaßen in das Stadtbild passen sollte.

Von der Endstation der Monorail aus ist es nur ein kurzer Fußweg zum Haltepunkt Shiikōen an der Hitahikosan Line der JR Kyūshū, einer eingleisigen Dieselstrecke, die von Kokura landeinwärts bis nach Soeda führt. Bis 2016 ging die Nebenbahn noch weiter durch gebirgiges Terrain bis nach Yoake, einem Knotenpunkt mit der Kyūdai Main Line (das ist die bereits angesprochene direkte Inlandsverbindung von Hakata nach Ōita / Beppu). Nach erheblichen Schäden an der Infrastruktur durch einen Taifun hat JR Kyūshū allerdings beschlossen, den Abschnitt Soeda – Yoake dauerhaft auf Busverkehr umzustellen.

Bild 6-29: Auf der Hitahikosan Line fahren zweiteilige Dieseltriebwagen der Baureihe KiHa 47.
Bild 6-30: Während die Monorail tagsüber im 10-Minuten-Takt verkehrt, entspricht der Fahrplan auf der Dieselstrecke stark den Erwartungen an eine Nebenbahn.

Der Haltepunkt Shiikōen ist nicht durch örtliches Personal besetzt, also eine „unstaffed station“. Daher ist der Bahnsteig hier frei zugänglich. Ein großes Schild am Fahrscheinautomaten weist Fahrgäste darauf hin, dass vor dem Zustieg unbedingt eine Fahrkarte benötigt wird – sonst kommt es zu Problemen beim Verlassen der Bahnsteigsperren am Zielort. Der Automat selbst ist allerdings recht rudimentär gehalten und kann über Zieltasten nur Fahrkarten zu den anderen Stationen der Hitahikosan Line sowie im übrigen Stadtgebiet von Kitakyūshū verkaufen. Fahrgäste, die zu anderen Zielen reisen möchten, können hier zunächst eine Fahrkarte z. B. bis Kokura als Anfangsstrecke ziehen und dann am Zielort die fehlende Tarifdifferenz nachlösen (dafür stehen innerhalb der Sperren überall Nachzahlungsautomaten). Wichtig ist nur, dass beim Einstieg eine Fahrkarte vorhanden ist, die den Abgangsort nachweist.

Bild 6-31: Die Dieselstrecke zweigt in Jōno in die elektrifizierte Nippō Main Line ein. Darüber erreichen wir wieder den Hauptbahnhof Kokura.

Ab Kokura fahren wir weiter zum Bahnhof Mojikō, dem nördlichen Endpunkt der Kagoshima Main Line.

Bild 6-32: Dieser Zug fährt durch den alten Kanmon-Tunnel nach Shimonoseki auf der Hauptinsel Honshū. Da die Triebfahrzeugführerin sehr ambitioniert war, eine kleine Verspätung heraus zu fahren, hat sie sich um eine halbe Wagenlänge verbremst und den wartenden Fahrgästen so etwas unerwartete Bewegung abverlangt 😉
Bild 6-33: Den nächsten Zug der Kagoshima Main Line, einen Local der Baureihe 821, lassen wir wegen der guten Nudelküche auf dem Bahnsteig 7/8 noch fahren…
Bild 6-34: Kurz vor dem Folgetakt zieht eine EH500 einen Güterzug durch eines der bahnsteiglosen Gleise.
Bild 6-35: Dann kommt auch schon der nächste Zug der Baureihe 813 nach Mojikō.

Rund 10 Minuten dauert die Fahrt zum nördlichsten (JR)-Bahnhof Kyūshūs. Mojikō war vor dem Bau des ersten Kanmon-Tunnels im Jahr 1942, der noch heute von den Zügen der schmalspurigen San’yō Main Line genutzt wird, das Tor zur Insel Kyūshū. Fahrgäste aus Honshū wurden von der gegenüberliegenden Stadt Shimonoseki per Fähre über die Kanmon-Straße nach Moji gebracht, wo sie am heutigen Bahnhof Mojikō auf die Züge des Eisenbahnnetzes von Kyūshū umsteigen konnten. Mit dem Bau des Tunnels hat der Bahnhof Mojikō seine ursprüngliche Bedeutung für den Transitverkehr von und nach Honshū verloren. Erhalten ist bis heute jedoch das historische Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1914 zusammen mit einigen anderen historischen Gebäuden in der Umgebung, die als „Mojikō Retro“ bezeichnet wird.

Bild 6-36: Mojikō, nördlicher Endpunkt der Kagoshima Main Line.
Bild 6-37: Bahnhofshalle von Mojikō. An Stelle der einst vielen Schalter befindet sich heute nur noch ein einziger nebst einiger Automaten.
Bild 6-38: Die Kitakyūshū-shi Dairen yūkō kinen-kan (Kitakyūshū City Dalian Friendship Memorial Hall), eines der Gebäude des „Bezirks“ Mojikō Retro. Den 30-stöckigen Büroturm im Hintergrund habe ich versucht, so gut es geht hinter dem Baum zu verstecken, aber er ist leider aus keiner Perspektive vollständig auszublenden.
Bild 6-39: Hafen von Moji (also: „Mojikō“)…
Bild 6-40: …mit Klappbrücke, die (meist nur zu Demonstrationszwecken) einmal in der Stunde auf- und zugeklappt wird.
Bild 6-41: Für Freunde des Gerstensaftes… 😉

Mojikō ist der nördlichste JR-Bahnhof Kyūshūs, aber streng genommen nicht der nördlichste Bahnhof (bzw. Haltepunkt). Denn gegenüber des Bahnhofs Mojikō befindet sich einer der beiden Endpunkte der Mojikō Retro Scenic Line, einer rund 2 Kilometer langen Strecke, die sehr nah an die (natürliche) Nordspitze der Insel heran fährt.

Bild 6-42: Mojikō Retro Train, ein kleines Touristenbähnchen.

Die Touristenbahn ist aus einer früheren Güterstrecke hervor gegangen. Sie wird ganzjährig im Ein-Zug-Betrieb von der in Bild 6-42 gezeigten Komposition befahren. Aufgrund des hohen Andrangs am Wochenende verzichten wir auf die kurze Fahrt und machen uns auf den Rückweg nach Ōsaka.

Bild 6-43: Historisches Empfangsgebäude des Bahnhofs Mojikō.
Bild 6-44: Der Zug in Richtung Kokura (die Baureihe 811 in der Mitte) steht schon bereit.
Bild 6-45: Da der Bahnhof wegen seiner früheren Funktion sehr großzügig dimensioniert ist, nutzt JR Kyūshū ihn u. a. am Wochenende zur Abstellung einiger Züge.
Bild 6-46: Der vordere 811 unserer Doppeltraktion verfügt über Reihenbestuhlung. Hier ist gut sichtbar, wie das „Drehen“ der Sitzreihen funktioniert: Die Rückenlehne ist beidseitig bepolstert und über einen Griff entlang der Sitzfläche verschiebbar, wobei sie in einer der beiden Positionen (d. h. in oder gegen Fahrtrichtung) einrastet. Fahrgäste können also bei Bedarf aus den Sitzreihen Vis-à-Vis-Vierergruppen machen.
Bild 6-47: In Moji müssen wir umsteigen.
Bild 6-48: Bahnhofstoilette, deren Wanddekoration eindeutigen Bahnbezug aufweist 😉

Moji ist der Bahnhof, an dem die Strecke durch den 1942 eröffneten (alten) Kanmon-Tunnel abzweigt. Diese Strecke ist bis Moji als San’yō Main Line gewidmet, wird allerdings auf dem Tunnelabschnitt von Moji bis Shimonoseki durch JR Kyūshū betrieben. Erst in Shimonoseki erfolgt die Übergabe durchgehender Züge an JR West. Durch den Tunnel fahren im Personenverkehr Zweisystem-Triebwagen der Baureihe 415. Das ist notwendig, da die San’yō Main Line bis nach Moji mit Gleichstrom betrieben wird, während das Netz der JR Kyūshū mit Wechselstrom elektrifiziert ist. Der Systemwechsel erfolgt im Bahnhof Moji. Die Nahverkehrszüge von Kokura über Moji nach Shimonoseki sind derzeit die einzigen Personenzüge, die planmäßig durch den alten Kanmon-Tunnel fahren. Der Fernverkehr hat sich mit dem Bau der San’yō-Shinkansen inzwischen vollständig auf die Schnellfahrstrecke verlagert. Die Schmalspurstrecke hat aber noch eine große Bedeutung für den Güterverkehr.

Bild 6-49: Zweisystem-Triebwagen der Baureihe 415 in Moji.
Bild 6-50: Mit einem baugleichen Zug erreichen wir nach wenigen Minuten Shimonoseki auf der großen Hauptinsel Honshū.
Bild 6-51: Dort besteht ein bahnsteiggleicher Anschluss zu einem Zug nach Iwakuni. Zum Einsatz kommt ein älterer Triebwagen der Baureihe 115, die von 1963 bis 1983 gebaut wurde.

Fahrgäste müssen am Bahnhof Shimonoseki, der Verwaltungsgrenze zwischen JR Kyūshū und JR West, zur Weiterreise immer umsteigen. Wir setzen unsere Fahrt mit dem älteren Triebwagen der JR West bis zum Shinkansen-Bahnhof Shin-Shimonoseki fort, der etwas abseits der Stadt liegt. Dort haben wir Glück, denn um 16:47 hält ein Sakura in Shin-Shimonoseki, der uns direkt und zügig nach Shin-Ōsaka zurück bringt.

Bild 6-52: Während wir auf den Sakura nach Shin-Ōsaka warten, rauscht ein anderer Sakura in Richtung Kagoshima durch den Bahnhof Shin-Shimonoseki.
Bild 6-53: Kurz darauf schnellt ein Nozomi nach Tōkyō durch den Bahnhof.

Die Geschwindigkeit der durchfahrenden Züge ist sehr beeindruckend – ebenso wie der dank des aerodynamischen Designs recht geringe Lärmpegel, wenn sie mit weit über 200 km/h im Abstand von nur wenigen Metern an den wartenden Fahrgästen vorbei fahren.

Bild 6-54: Dann fährt der Sakura 562 in Shin-Shimonoseki ein und nimmt uns nach Shin-Ōsaka mit.
Bild 6-55: Unterwegs fahren wir durch die ebenfalls industriell geprägte Hafenstadt Tokuyama.
Bild 6-56: Nach gerade einmal rund 2 Stunden, um 18:59, sind wir zu fortgeschrittener Dämmerung zurück in Shin-Ōsaka.
Bild 6-57: Mir ist nicht bekannt, welchem Zweck diese Anzeige genau dient, allerdings zeigt sie die Zugnummer jedes ein- und ausfahrenden Zuges an.
Bild 6-58: Eine kurze Fahrt mit dem inzwischen wieder pünktlichen Nahverkehr später sind wir wieder am Hauptbahnhof Ōsaka.

Nach diesem erneut langen Reisetag genießen wir noch ein wenig die abendliche Stimmung, bevor wir mit einem kleinen Abendessen aus dem Konbini in unser Hotel zurück kehren. Am nächsten Tag ist wieder einmal, aber zum Glück auf dieser Reise letztmalig, frühes Aufstehen erforderlich. Dafür werden wir mit der schönen Aussicht einer ländlichen Hauptstrecke abseits der Shinkansen-Trassen belohnt.

Bild 6-59: Abendliche Stimmung am Bahnhof…
Bild 6-60: …am Busbahnhof…
Bild 6-61: …und auf der Straße.

Weiter zu Tag 7