Tag 2 / 16

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Am zweiten Reisetag steht bereits einer der Höhepunkte der Reise, der Besuch der Weltausstellung EXPO 2025, an.

Nachdem mir der Jetlag am Anreisetag kaum zugesetzt hatte, kamen in der ersten Nacht im Hotel dann doch einige Schwierigkeiten auf – wenn auch anders als erwartet. Denn obwohl ich die äußerst kurze Nacht davor im Flugzeug de facto durchgemacht habe, wollte sich am Abend keine Müdigkeit einstellen. Es dauerte bis ca. 1:00 in der Nacht (also ca. 16:00 deutscher Zeit), bis ich endlich eingeschlafen bin – das dann aber auch fest und einigermaßen erholsam bis nach 6:00. Zu dieser Zeit ist es draußen schon lange wieder hell, denn Japan heißt nicht umsonst das Land der aufgehenden Sonne: Im Mai erfolgt der Sonnenaufgang bereits gegen 4:00 in der Früh (eine Sommerzeit gibt es in Japan nicht). Das öffentliche Leben findet trotzdem in etwa zu den Zeiten statt, die wir aus Europa gewohnt sind.

Nach dem Frühstück steht die Anreise zur EXPO an. Das EXPO-Gelände liegt auf der künstlichen Insel Yumeshima im Hafen von Ōsaka. Damit Besucher die Ausstellung erreichen können, wurde eigens für die EXPO die Chūō Line der Ōsaka Metro um 3,2 Kilometer von der bisherigen Endstelle Cosmosquare nach Yumeshima verlängert. Die Chūō Line ist eine zentrale Ost-West-Linie im Stadtgebiet von Ōsaka, die mehrere Verknüpfungspunkte zu den Nord-Süd-Linien aufweist. Wir hätten die Chūō Line mit zwei dieser Linien an der zentralen Umsteigestation Honmachi erreichen können. Allerdings liegt die Befürchtung nahe, dass viele der täglich über 100.000 Besucher der EXPO auf diese Idee kommen. Daher entscheiden wir uns für eine etwas umwegige Route, die uns eine gute Ausgangsposition in der U-Bahn verschaffen soll, und starten am JR-Bahnhof Ōsaka mit der Ōsaka Higashi Line.

Was ich dabei nicht bedacht habe: Die Ōsaka Higashi Line wendet am Bahnhof Ōsaka nicht in der Haupthalle, sondern an den unterirdischen Gleisen unterhalb der ehemaligen Umekita Freight Station. Die frühere oberirdische Umekita Freight Line, eine nördliche Umfahrung des Hauptbahnhofs, wurde in den letzten Jahren zu einer teilweise unterirdischen Strecke mit 4 Bahnsteiggleisen umgebaut. Dadurch können auch einige Schnellzüge, die den Hauptbahnhof früher nicht angefahren haben, heute dort halten. Leider ist der Fußweg vom Hauptgebäude zu den unterirdischen Gleisen recht lang und umständlich. Der nach meiner Erfahrung schnellste Weg führt durch die Sperre am Central Gate, dann hoch auf einen der Bahnsteige der Gleise 3 – 10, um am anderen Bahnsteigende in die westliche Unterführung zu gelangen. Von dort gibt es eine direkte Verbindung zu den unterirdischen Gleisen 21 – 24.

Bild 2-1: Rund 8 Minuten nach dem Betreten der Ticketsperre erreichen wir den Zug auf Gleis 23.

Die Ōsaka Higashi Line ist eine unvollständige äußere Ringlinie. Vom Bahnhof Ōsaka fahren die Züge zunächst parallel zur Tōkaidō Main Line zum Shinkansen-Bahnhof Shin-Ōsaka im Norden der Stadt. Dort füllt sich der bis dahin noch leere Züge deutlich, denn es ist je nach Verbindung schneller, mit der Tōkaidō Line von der Haupthalle des Bahnhofs Ōsaka nach Shin-Ōsaka zu fahren und dort auf die Higashi Line umzusteigen, als den langen Fußweg zu den Umekita-Bahnsteigen in Ōsaka auf sich zu nehmen. Die Ōsaka Higashi Line verläuft anschließend, wie der Name sagt („Higashi“ bedeutet „Osten“), durch die östlichen Stadtteile.

Bild 2-2: In Takaidachūō besteht Anschluss zur Ōsaka Metro Chūō Line.

Takaidachūō ist die zweite Station im Verlauf der Chūō Line der Ōsaka Metro, sodass Fahrgäste hier noch recht leere Züge erwarten können – zumindest bei den Kurzläufern, die nur auf der Metro-Strecke fahren. Denn der erste Zug, der nach unserem Eintreffen am Bahnsteig vorfährt, ist ein durchgehender Zug der Kintetsu Railway von der Kintetsu Keihan’na Line und entsprechend schon gut gefüllt. An dieser Station passen zwar noch alle Zusteiger hinein, an den zentralen Umsteigestationen im Stadtzentrum müssen wir aber später, wie erwartet, wartende Fahrgäste zurück lassen. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Zurückbleiber i. d. R. alle durch den nächsten Kurzläufer aufgenommen werden.

Bild 2-3: Um 8:45 erreichen wir schließlich die Endstelle Yumeshima unmittelbar am Osteingang des EXPO-Geländes.
Bild 2-4: Vor dem Osteingang warten tausende Menschen auf Einlass.
Zu diesem Zeitpunkt finde ich es noch recht amüsant, dass viele Leute mit Sonnenschirmen und Kopfbedeckungen zur Veranstaltung gekommen sind – am Ende des Tages werde ich den Grund dafür aber schmerzlich erfahren…

Der Zustrom zur EXPO ist über kontingentierte Eintrittskarten geregelt. Zum Kauf muss ein Kundenkonto („EXPO ID“) angelegt werden, über das dann digitale Eintrittskarten gekauft werden können. Meine Tageskarte war damals vor der Veranstaltung für 6.700 Yen (41,90 €) zu haben. Damit diese Karten gültig werden, müssen vorab zwei Festlegungen getroffen werden: Datum und Uhrzeit des Besuchs sowie der benutzte Eingang (Ost oder West). Der Osteingang liegt direkt an der Metro-Station, während sich der Westeingang am Busterminal befindet, das von (Fern)-Linienbussen, privaten Reisebussen und P+R-Shuttles bedient wird. Für jedes Datum und jedes Zeitfenster gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Einlässen – wenn die ausgebucht sind, muss bei der Spezifizierung der Eintrittskarte ein anderes Zeitfenster gewählt werden. Der früheste Eintritt ist ab 9:00 möglich, dann ab 10:00, ab 11:00, ab 12:00 und schließlich ab 17:00 (vergünstigte Abendkarten). Die Anzahl der Einlässe in einem Zeitfenster ist dabei so limitiert, dass alle Gäste mit 9:00-Karten bis spätestens 9:59 auf dem Gelände sind, damit die 10:00-Gruppe dann pünktlich an die Reihe kommt. Begrenzende Faktoren für den Einlass sind die Beförderungskapazität der Metro, die um diese Zeit auch von Pendlern genutzt wird, sowie die Anzahl und Durchlassfähigkeit der Gepäckkontrollen am Eingangstor. Da wir uns erst kurz vor 9:00 vor Ort einfinden, müssen wir deswegen bis ca. 9:40 warten, bevor wir uns endlich auf dem Gelände wieder finden.

Bild 2-5: Nach langem Anstehen vor den Gepäckkontrollen endlich geschafft: Willkommen auf der EXPO 2025!

Die Abkürzung EXPO steht, naheliegend, für „Exposition“ (im Original aus dem Französischen) und bezeichnet verschiedene Veranstaltungen unter dem zentralen Begriff „exposition internationale“, die auch „Weltausstellung“ genannt werden. Die EXPO 2025 in Ōsaka ist eine der im Intervall von 5 Jahren statt findenden „allgemeinen“ Weltausstellungen bzw. „expositions universelles“. Die Tradition der Weltausstellungen geht zurück auf das Zeitalter der Industrialisierung. 1851 wurde die erste Weltausstellung in London in einer damals sehr futuristischen anmutenden Halle mit rundem Glasdach veranstaltet. Ziel der Ausstellungen war ursprünglich die Präsentation technologischer Neuheiten und Fortschritte. So wurde z. B. das Telefon, der Reisverschluss oder die Atomuhr auf diese Weise der Weltöffentlichkeit präsentiert. Auch einige eindrucksvolle Gebäude wie der Eifelturm oder das Atomium wurden im Rahmen von Weltausstellungen errichtet. Aufgrund der Globalisierung und Digitalisierung hat sich die EXPO mit der Zeit weiterentwickelt und ihren ursprünglichen Charakter heute ein wenig zu Gunsten aktueller Trends aufgegeben. Auf der universellen Weltausstellung geht es daher mehr um Themen unserer Zeit wie Nachhaltigkeit, Gesundheit, Vernetzung sowie das Zusammenleben als Gesellschaft als um die Präsentation technologischer Innovationen.

Bild 2-6: Karte des EXPO-Geländes. Das Gelände ist in verschiedene farblich markierte Zonen u. a. mit den Themen „Connecting Lives“ (blau), Empowering Lives (grün) und Saving Lives (orange) unterteilt.
Bild 2-7: Auffälligstes Merkmal des EXPO-Geländes ist der große begehbare Holzring mit einem Durchmesser von rund 650 Metern, der die Kernzone umspannt.
Bild 2-8: Der Ring hat eine besondere Funktion: An sonnigen Tagen (so wie heute) spendet er, egal wo, immer Schatten.
Bild 2-9: Von oben bietet der begrünte Ring, der teilweise auf ein vorgelagertes Becken im Süden der Insel hinaus ragt, einen schönen Blick auf das Gelände (und darüber hinaus).
Bild 2-10: Die Zonen der Veranstaltung bestehen wiederum aus vielen einzelnen Gebäuden, die von Staaten, Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen gestellt werden und unterschiedliche Angebote für die Besucher bereit halten. Das Konzept der „Pavillon“ genannten Gebäude existiert seit der Frühzeit der EXPO, da nach einigen Jahren der Platz in einer einzigen großen Halle nicht mehr für alle interessierten Aussteller ausreichte.

Manche Pavillons erfordern zur Besichtigung eine Reservierung, die nach einem Lotterie-Verfahren vergeben wird. Sobald eine Eintrittskarte für ein Einlass-Zeitfenster registriert ist, können Besucher an der Lotterie teilnehmen. Es erfolgen zwei Ziehungen: Eine 2 Monate vor dem Besuchstag sowie eine weitere 7 Tage vorher. Bei jeder Ziehung können 5 Präferenzen für ein Pavillon und ein Zeitfenster angegeben werden (d. h. es ist auch möglich, 5-mal das selbe Pavillon mit unterschiedlichen Zeitfenstern anzugeben). Restposten, die nach der zweiten Auslosung noch übrig sind, können ab drei Tage vor dem Besuch nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt…“ gebucht werden. Andere Pavillons sind ohne Reservierung begehbar. Dort müssen sich die Besucher nur eine Weile in die Schlange stellen. Praktisch ist es auch möglich, ohne Reservierung in die „reservierungspflichtigen“ Pavillons zu kommen, allerdings z. T. mit recht langen Wartezeiten.

Bild 2-11: Das erste Pavillon, das ich reserviert hatte, trägt den Titel „Future City“ und wird von einem Zusammenschluss privater japanischer Unternehmen betrieben.

Das „Future City“-Pavillon hatte ich gewählt, da die Intention dahinter der ursprünglichen Idee der EXPO noch recht nahe kommt. Innen werden u. a. einige Innovationen sowohl in der Unterhaltungstechnik als auch in der Industrie präsentiert.

Bild 2-12: Gekrümmte Bildschirme sind auf dem Markt bereits etabliert, aber in Kugelform hatte ich bisher noch keinen gesehen 😉
Bild 2-13: Kawasaki präsentiert seine Idee der zukünftigen Mobilität: „Kapseln“ für bis zu 4 Personen, die auf verschiedene Verkehrsmittel verladen werden können.
Hier sehen wir ein Mockup der Front eines „Zuges“, dessen Wagenkasten hinter dem Frontelement aus Steckplätzen zum „Einschub“ der Kapseln bestehen soll.
Bild 2-14: Dieses „Wind Hunter“ genannte Schiffskonzept soll dazu dienen, ein internationales Wasserstoff-Netzwerk aufzubauen.
Das Schiff soll die Energie von Wind und Wellen nutzen, um Wasserstoff zu transportieren und unterwegs auch aus dem Meerwasser zu produzieren.

Der „mechanische Hund“ im Hintergrund von Bild 2-13 und 2-14 wurde als Fortbewegungsmittel für mobilitätseingeschränkte Personen in unwegsamem Gelände vorgestellt. Außerdem wurden noch autonome Erntemaschinen für eine effizientere Landwirtschaft präsentiert. Natürlich erscheinen viele dieser Ideen noch wenig praxistauglich, wenn nicht gar weltfremd – ganz ohne mutige Ideen kommen wir aber auch nicht voran und das war mit einer der Grundgedanken der EXPO: neuen Ideen eine Plattform geben. Ich fand die Ausstellung daher trotzdem interessant (und an den Erfolg des Autos oder des Computers glaubte zu Beginn auch keiner 😉

Der weitaus größte Teil des Geländes wird durch „Länder-Pavillons“ eingenommen, die von (ausländischen) Staaten betrieben werden und oft einem bestimmten Konzept gewidmet sind und / oder mit einem aufwändigen Design aufwarten. Nachfolgend eine kleine Auswahl.

Bild 2-15: Der zweite Pavillon, den ich zur Besichtigung reserviert hatte, ist der von Kanada.
Warum genau Kanda? Nun, aus guten Gründen… 😉

Im kanadischen Pavillon war das Fotografieren verboten – es hätte ohnehin nicht viel genützt. Das Konzept besteht daraus, jedem Besucher ein Tablet in die Hand zu geben. Die Halle, die anschließend besichtigt wird, besteht ausschließlich aus Kunstinstallationen in Form von Eisbergen. Wird das Tablet darauf gehalten, zeigt der Bildschirm mittels erweiterter Realität Szenen aus dem kanadischen Leben.

Bild 2-16: Deutschland war natürlich auch mit dabei und stellte das Thema „Kreislaufwirtschaft“ vor.
Als ich aber im Vorbeigehen mitbekomme, dass die Charts von 2015 abgespielt werden und eine Animateurin versucht, Leute bei irgendwas im Zusammenhang mit dieser Musik zum Mitmachen zu bewegen, verzichte ich auf das Anstehen…
Bild 2-17: Italien präsentiert sich mit einem Modell des Kolosseums. Das Thema des Pavillons ist, wie Kunst und Kultur zum Lebenswert von Menschen beitragen kann.
Bild 2-18: Thailand wirbt äußerlich mit asiatischen Elefanten, innerlich geht es aber um die Ausrichtung des Landes auf den internationalen Medizin-Tourismus.
Bild 2-19: Die Philippinen präsentieren sich in einem Pavillon, dessen „Fassade“ aus gewobenen Fasern besteht – einerseits ein natürliches Material, anderseits eine Anspielung auf traditionelles Kunsthandwerk.
Bild 2-20: Ähnlich gestaltet sich das Pavillon von Malaysia, das mit Bambus-Halmen ausgekleidet ist. Die Struktur soll ebenfalls auf eine traditionelle Handwerkskunst in der Herstellung von Teppichen anspielen.
Bild 2-21: Die skandinavischen Länder präsentieren sich gemeinsam in einem „nordischen“ Pavillon.
Bild 2-22: Nebenan stellt sich das international sehr abgeschottete und totalitär regierte Turkmenistan als Nation der Pferde und Kamele dar.
Die EXPO ist für ihre Besucher in erster Linie keine politische Veranstaltung. Das bietet autokratischen Regimen wie eben Turkmenistan, aber auch China oder Saudi-Arabien, natürlich die Möglichkeit, sich „im besten Licht“ zu präsentieren und Missstände im Bereich von Demokratie und Menschenrechte bewusst hinter dem Motto der EXPO, Menschen zusammen zu bringen und den Blick in die Zukunft zu richten, zu verstecken.
Bild 2-23: Auch die Alpenländer sind vertreten. Österreich, links, legt den Fokus auf das Leitthema „Musik“; die Schweiz, rechts, zeigt sich als (kaufkräftiger) internationaler Wissenschaftsstandort.
Bild 2-24: Ein weiteres Pavillon möchte ich dann aufgrund einer langen persönlichen Freundschaft doch noch besichtigen: Indien oder „Bharat“, wie hier zu lesen ist.
Das indische Pavillon ist eines ohne Reservierungen. Zutritt erhält man durch Anstehen, wobei die Wartezeit ca. 15 Minuten beträgt.
Bild 2-25: Im Eingangsbereich präsentiert sich das Land so, wie Touristen es sich vielleicht vorstellen: als „Tempel“.
Bild 2-26: In den anderen Räumen sind u. a. große Infrastruktur- und Energieprojekte vorgestellt, die Indien derzeit stemmt.
Hier sehen wir z. B. links ein Modell der Chenab Rail Bridge, der höchsten Eisenbahn-Bogenbrücke der Welt. Sie ist Teil der inzwischen fertig gestellten Eisenbahnstrecke von Jammu nach Baramulla in der indischen Provinz Jammu und Kashmir, die das Kashmirtal an das nationale Eisenbahnnetz anbindet.
Bild 2-27: Auch einen Zug gibt es als Modell zu sehen. Indian Railways präsentiert das neuste Modell des Vande Bharat Express (natürlich im Original ohne Glasdach).
Bild 2-28: Für die Länder, die kein eigenes Gebäude als Pavillon stellen können, stehen auf dem EXPO-Gelände insgesamt fünf Gemeinschaftshallen (Commons) zur Verfügung. In der Commons-C finden sich u. a. die Beiträge der Ukraine, von Slowenien, Guatemala, Israel, Uruguay und San Marino.
Bild 2-29: In der Halle präsentieren sich die entsprechenden Länder an einzelnen Ständen vergleichbar zu einer Verbrauchermesse.
Bild 2-30: Das macht die Präsentation aber nicht minder interessant – Montenegro z. B. zeigt mit diesem Modell seine eindrucksvolle, aber auch topologisch herausfordernde Küstenlandschaft.
Bild 2-31: Schließlich gibt es da noch … den goldenen Hut!
Der „Shining Hat“, das Theatergebäude der EXPO, gibt Raum für Theater-, Musical- und andere künstlerische Aufführungen.
Die Betonfläche kann zudem nachts für Außenprojektionen genutzt werden.

Obwohl es auf den Bildern nicht so wirkt, ist das Gelände doch sehr weitläufig. Das macht die Erkundung gerade an diesem extrem sonnigen Tag mit der Zeit schon etwas anstrengend. Deshalb wird in regelmäßigen Abständen ein Hinweis über Lautsprecher ausgerufen, dass sich Besucher im eigenen Interesse nicht zu stark der Sonne aussetzen sollen. Leider wird dieser Hinweis von mir gekonnt ignoriert…

Bild 2-32: Wegen der Größe des Geländes stehen für ältere oder beeinträchtigte Menschen elektrische Krankenfahrstühle bereit.
Bild 2-33: Was wäre Japan ohne Pokémon? Farbeagle lässt sich jedenfalls von den Besuchermassen nicht beirren und malt fleißig sein Bild 😉
Bild 2-34: Das Gelände hat eine „grüne Mitte“. Der „Wald der Stille“ bietet einen Platz zur Entspannung.
Bild 2-35: Kurios: Auf dem Weg um den Mittelpunkt herum sind mehrere künstliche Pfützen zu finden. Eine Bewässerungsanlage sorgt dafür, dass die Pfütze immer gleich groß bleibt. Welchem Zweck sie dienen konnte ich bislang nicht heraus finden.

Am Nachmittag haben wir erst einmal genug von der Veranstaltung gesehen und verlassen das Gelände. Das gibt uns vor Sonnenuntergang noch Zeit, wiederum einen etwas umwegigen Rückweg zu wählen.

Bild 2-36: Wir haben das Gelände über den Ostausgang wieder verlassen und betreten die Metro-Station Yumeshima.

Yumeshima heißt übrigens in etwa „Insel der Träume“. Dass diese Darstellung vielleicht nicht so ganz passt, werden wir gleich noch sehen.

Bild 2-37: Wir verlassen die Insel mit einem Kurzläufer der Ōsaka Metro Chūō Line.
Zum Einsatz kommt ein Zug der Ōsaka Metro Baureihe 400, die 2023 in Dienst gestellt wurde und deren Design in Anbetracht der EXPO einem Raumschiff nachempfunden sein soll.
Bild 2-38: Nach wenigen Minuten erreicht der Zug den ersten Halt Cosmosquare auf der ebenfalls künstlich angelegten Hafeninsel.

An dieser Stelle, da es gut passt, ein (vereinfachender) Exkurs zur japanischen Schrift: In Bild 2-38 sind alle drei üblichen japanischen Schriftsysteme zu sehen. Geografische Bezeichnungen, z. B. Stationsnamen, werden normalerweise in Kanji, den kunstvollen „traditionellen“ Schriftzeichen, geschrieben. Das sind im Bild die mittleren Zeichenfolgen für die Stationen Ōsakakō und Yumeshima sowie die obere Linienbezeichnung der Chūō Line. Von diesen Schriftzeichen gibt es mehrere tausend; japanische Schüler müssen bis zum Ende der Mittelstufe über 2.000 Kanji beherrschen. Da diese Schriftzeichen aber durchaus unterschiedliche Lesungen und Aussprachen haben können, sind auf Bahnhofsschildern über den Kanji (fast) immer zusätzliche Zeichen der Silbenschrift Hiragana angegeben. Hiragana schreiben sich „wie man es spricht“, sodass jeder Japaner die Kanji-Folge damit korrekt aussprechen kann. Hiragana unterscheidet einschließlich aller Umlaute rund 100 Zeichen und ist daher auch für Ausländer recht schnell zu erlernen. Wenn man Hiragana lesen kann, wird außerdem schnell klar, warum sich in der (korrekten) lateinischen Umschrift Rōmaji über manchen Vokalen Längungsstriche befinden: In der Hiragana-Zeichenfolge über dem Namen Ōsakakō ist das erste Zeichen, das japanische „O“, doppelt vorhanden. Entsprechend ist der Vokal länger auszusprechen, als wenn nur ein „O“ da wäre. Leider verschwinden die Striche in den lateinischen Bezeichnungen häufig, wodurch die korrekte Aussprache erschwert wird. Vielleicht auch deshalb sagen viele Touristen eher „oSAka“ statt „Oh-saka“ (mit den letzten beiden Silben homogen ausgesprochen) zur Stadt Ōsaka. Das letzte Zeichen der Hiragana-Folge ist übrigens kein „o“, sondern ein „u“. Zusammen mit dem Zeichen davor wird es zu „kou“, was in der lateinischen Umschrift auch als „kō“ geschrieben werden kann und „Hafen“ bedeutet. Das dritte Schriftsystem sehen wir in der Mitte: Die Bezeichnung für die Station Cosmosquare ist in Katakana geschrieben. Katakana ist genau wie Hiragana eine Silbenschrift, die für das Schreiben von Fremd- und Lehnwörtern verwendet wird. An dieser Schrift werden die „Grenzen“ der japanischen Sprache deutlich, deren Silben sehr grob umrissen aus einzelnen Vokalen mit oder ohne vorangestelltem Konsonanten bestehen. Die Katakana-Folge würde in Rōmaji ausgeschrieben wie folgend lauten: „Kosumosukuea“. Entsprechend „krumm“ wird das Wort auf Japanisch auch ausgesprochen, obwohl manche „u“ in der Aussprache fast stumm sind. Eigentlich bräuchte der Muttersprachler über den Katakana keine Hiragana-Zeichenfolge zur Erklärung der Aussprache, wahrscheinlich wird sie aber aus Gründen der Einheitlichkeit dennoch angegeben.

Genug zu Schrift und Sprache – setzen wir unsere Reise fort 🙂

Bild 2-39: An der Station Cosmosquare ist die Metro nicht nur mit dem Busverkehr verknüpft, sondern auch mit einer Station für Bike- und Scooter-Sharing.
Bild 2-40: Hinter der Station bietet eine Promenade Ausblick auf Yumeshima (die Insel mit den vielen Kränen).

Zur Weiterfahrt nutzen wir ein „besonderes“ Verkehrsmittel: Die Ōsaka New Tram. Dabei handelt es sich nicht, wie der Name vermuten lässt, um eine Straßenbahn, sondern um ein gummibereiftes automatisches Transportsystem. Betreiber ist die Ōsaka Metro. Die New Tram ist daher voll in das Metro-Netz integriert.

Bild 2-41: Zug der Ōsaka New Tram in der Endhaltestelle Cosmosquare.
Bild 2-42: An der nächsten Station, Trade Center Mae, verlassen wir den Zug und blicken zurück in Richtung Cosmosquare, von wo kurz darauf der Folgezug erscheint. „Mae“ ließt sich hier in etwa als „vor“, „nahe“, „bei“ oder „zu“ und meint also die Station am Trade Center.
Bild 2-43: Grund für den Ausstieg hier ist dieses Gebäude.

Das Osaka Prefectural Government Sakishima Building, auch als „Cosmo Tower“ bekannt, bietet auf 252 Metern Höhe die zweithöchste Aussichtsplattform der Stadt – und die einzige mit direktem Blick auf das EXPO-Gelände. Der Zugang zum Gebäude erfolgt von der Station Trade Center Mae aus über das etwas verwinkelte benachbarte Einkaufszentrum. Ein breiter Fußgängersteg führt direkt in das Regierungsgebäude. Dort ist der Zugang zum Observatorium ausgeschildert. Der Ticketschalter befindet sich im Erdgeschoss (obwohl die Fußgängerbrücke das Gebäude im 1. Stock erreicht). Über einen Panorama-Aufzug an der Außenseite des Gebäudes gelangen Besucher in den 52. Stock und schließlich über eine Rolltreppe auf die Aussichtsplattform.

Bild 2-44: Blick in Richtung der „Trauminsel“ Yumeshima (zentral rechts).
Das EXPO-Gelände ist durch den Ring im westlichen Teil der Insel erkennbar. Trotz seiner Weitläufigkeit nimmt ein Containerhafen den weitaus größeren Teil der Insel ein.
Bild 2-45: Blick in Richtung Innenstadt. Die rote Brücke, die Minato Bridge, bindet die Hafeninsel und das durch Aufschüttung gewonnene Land im Hafen Ōsakas an das Festland an.
Bild 2-46: Die Plattform bietet auch einen Ausblick auf den Betriebshof und die Trasse der New Tram, die hier über die Hafeninsel führt.
Gerade macht sich ein gelber Zug (in der Kurve hinten) bereit zum Ausrücken für die Taktverdichtung zur nachmittäglichen HVZ.

Das Observatorium ist ein echter Geheimtipp. Selbst bei diesem schönen Wetter waren nie mehr als 5 Leute gleichzeitig oben und für ausländische Touristen ist das Angebot auch nicht so einfach zu finden. Zum Preis von 1.000 Yen (6,25 €) lohnt es sich aber allemal. Zurück ins Erdgeschoss gelangen Besucher mit den innenliegenden Aufzügen. Über das Einkaufszentrum erreichen wir schließlich wieder die New Tram, um die Fahrt über die Hafeninsel fortzusetzen.

Bild 2-47: Unmittelbar südlich der Station Trade Center Mae begegnen sich zwei Züge der New Tram.
Bild 2-48: Da das Fahrzeug autonom fährt, gibt es vorne und hinten jeweils einen „Fuzzy-Platz“ 😉
Hier blicken wir an der nächsten Station Nakafutō zurück auf das Regierungsgebäude.

Die Fahrzeuge der New Tram fahren mit Gummireifen auf einem Betonfahrweg. Seitliche Führungsrollen halten sie in der Spur. Ein zusätzliches Spurführungselement befindet sich unter den Fahrzeugen, um an Weichen die Spurhaltung zu gewährleisten.

Bild 2-49: Diese Weiche ist noch auf den geraden Strang eingestellt. Wird sie auf Abzweig umgestellt, dann schwenkt das schwarze „Zungenelement“ in der Führungsschiene rechts (entlang der „Barriere“) ein wenig nach links in den Fahrweg aus, um die rechte Führungsrolle und damit das Fahrzeug insgesamt in den abzweigenden Strang zu „schubsen“.
Bild 2-50: Der Klavierkasten in der ersten Reihe ist ein Notführerstand, mit dem das Fahrzeug bei Ausfall des automatischen Betriebs von Hand gefahren werden kann.
Links daneben eine Notleiter, über die das Fahrzeug im Notfall auf der Strecke frontal verlassen werden kann.

Die New Tram endet an der Station Suminoekōen auf dem Festland. Dort bestünde Anschluss stadteinwärts an die Yotsubashi Line der Ōsaka Metro. Einige Kilometer weiter gibt es allerdings auch noch eine „echte“ Straßenbahn in Richtung der Innenstadt. Da fällt die Wahl nicht schwer 😉

Bild 2-51: Fast so beliebt wie unterirdische Passagen sind in Japan Überführungen über viel befahrene Kreuzungen.
Bei den langen Wartezeiten an roten Fußgängerampeln kann sich der „Aufstieg“ zeitlich lohnen.

Auf der anderen Seite der Kreuzung befindet sich eine Bushaltestelle, an der u. a. die Linie 4 des Stadtbus Ōsaka hält. Bus fahren verläuft in Japan genau umgekehrt im Vergleich zu Deutschland: Fahrgäste steigen hinten ein und suchen sich, falls verfügbar, einen freien Platz. Der Ausstieg erfolgt später vorne beim Fahrer. Beim Aussteigen ist dann der Fahrpreis zu entrichten, entweder bequem mit der Bezahlkarte (die mehr als 95% der Fahrgäste nutzen) oder über einen Münzeinwurf. Wer keine Münzen hat, dem steht ein Geldwechsler zur Verfügung, der eine 1.000 Yen-Banknote klein macht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es in manchen Bussen erforderlich sein kann, schon beim Einstieg mit der IC-Card einzuchecken oder ein Ticket zu ziehen. Details dazu erkläre ich an einem passenden Beispiel an Tag 15. Japanische Busfahrgäste warten übrigens stets an der Ausstiegshaltestelle bis der Bus vollständig steht und stehen erst dann auf zum Aussteigen – auch wenn sie ganz hinten sitzen. Nach 10 Minuten verlassen wir die Linie 4 an der Haltestelle Anryuichichōme. Das FIS im Fahrzeug zeigt zur besseren Orientierung für Ausländer jede Haltestelle auch mit lateinischer Schrift an.

Bild 2-52: Zwei Straßen weiter erreichen wir die Haltestelle Hosoigawa der Hankai Tramway.

Die Hankai Tramway betreibet ein kleines normalspuriges Netz im Süden von Ōsaka mit zwei Linien. Die Hankai Line beginnt an der Station Ebisuchō nahe des Nankai-Bahnhofs Shin-Imamiya; die Uemachi Line beginnt am JR-Bahnhof Tennōji. Beide Linien vereinigen sich an der Haltestelle Sumiyoshi (zwei Stationen nördlich von Hosoigawa) und verlaufen anschließend gemeinsam in Richtung Süden. Während die Züge der Hankai Line bereits nach einigen Zwischenhalten an der Haltestelle Abikomichi nahe des Betriebshofs enden, fahren die Züge der Uemachi Line weiter in den Vorort Sakai. Wir nutzen ab Hosoigawa, wo beide Linien vorbei kommen, die Uemachi Line in nördlicher Richtung nach Tennōji.

Bild 2-53: Zug der Uemachi Line nach Tennōji.
Bild 2-54: Zugbegegnung im straßenbündigen Abschnitt an der Haltestelle Sumiyoshitoriimae am Zugang zu einem großen Shintō-Schrein.

Die Straßenbahn wird genau so benutzt wie der Stadtbus: Hinten einsteigen, hinsetzen und beim Ausstieg vorne beim Fahrer zahlen. An der Endhaltestelle Tennōjiekimae (also „am Bahnhof Tennōji“, denn „eki“ bedeutet „Bahnhof“), die als eingleisige Stumpfendstelle ausgeführt ist, ist das allerdings etwas anders. Dort hält das Fahrzeug erst hinten am Bahnsteig zum Ausstieg. Fahrgäste dürfen hier an beiden Türen aussteigen, da das Bezahlen beim Verlassen des Bahnsteigs bei der Stationsaufsicht erfolgt. Ist die Bahn leer, rückt der Wagenführer vor zur Abfahrtsposition und lässt die wartenden Fahrgäste auf der anderen Seite einsteigen. So kann trotz der eingleisigen Endstelle ein 6-Minuten-Takt realisiert werden.

Bild 2-55: Der nächste Zug fährt über die Weiche in die Endstelle Tennōjiekimae ein.
Bild 2-56: 5 Minuten später ist der Wagen schon wieder auf Strecke, denn rechts wartet bereits der nächste Zug auf Einfahrt in die Endstelle.

Auf dem letzten Stück von Tennōji zurück zum Bahnhof Ōsaka nutzen wir die Ōsaka Loop Line auf dem uns noch fehlenden Abschnitt bis Ōsakajōkōen (und von dort direkt weiter bis Ōsaka). Das heißt, wir fahren gegen dem Uhrzeigersinn. Obwohl die Strecke nach Ōsaka so herum einige Meter kürzer ist, führt die schnellste Route eigentlich immer im Uhrzeigersinn über Bentenchō. Die Fahrt gegen den Uhrzeigersinn bietet einen entscheidenden Vorteil: In Tennōji starten einige Züge, die erst einen kompletten Ring gegen den Uhrzeigersinn auf der Ōsaka Loop Line fahren und dann, wiederum in Tennōji, in die Region „ausbrechen“. Wir erwarten also einen leeren Zug, in dem leicht ein Sitzplatz zu bekommen sein sollte.

Bild 2-57: Obwohl unser Zug hier beginnt, suchen wir an den Stumpfgleisen vergeblich danach. Dort fahren nur Local-Züge in die Region ab. Den Zug der Ringlinie finden wir passenderweise am Bahnsteig 11 / 12 der Ringlinie.

Leider läuft es anders als erwartet. Der Zug zieht aus der Abstellung an den Bahnsteig vor und die Fahrgäste steigen ein. Als ich mich gerade auf einem Platz niederlassen möchte, kommt von der anderen Seite jemand, klappt die Rückenlehne um und setzt sich anders herum hin. Dadurch passt dann auch die Richtung der angrenzenden Sitze nicht mehr und ehe ich mich versehe, sind alle Plätze gedreht und belegt. Ich habe wohl nicht bedacht, dass einerseits der Zug über „drehbare“ Sitze (d. h. über klappbare Rückenlehnen) verfügt – eine Beschreibung dazu folgt an Tag 6 – und andererseits die Rückenlehnen im Nahverkehr in der Abstellung nicht vom Personal gedreht werden, sodass sie bei der Bereitstellung natürlich alle in die falsche Richtung zeigen. Immerhin sind wir wieder um eine Erkenntnis reicher und erreichen nach rund 20 Minuten den Bahnhof Ōsaka.

Bild 2-58: Bereits in der einsetzenden Dämmerung sind wir zurück am Bahnhof Ōsaka.

Damit geht ein langer und ereignisreicher Tag zu Ende – und leider, so sollte es sich zeigen, auch ein schmerzhafter, denn inzwischen weiß ich, wofür die Warnung des japanischen Wetterdienstes vor „trockener Luft“ heute steht: Ich hatte den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens! Wegen des angenehmen Wetters (25 Grad mit leichtem Wind) war an diesem Tag kaum zu spüren, wie stark die Sonneneinstrahlung wirklich ist. Dabei sollte man bedenken: Ōsaka liegt auf ca. 34,5 Grad nördlicher Breite, südlicher als das europäische Festland und die Küste Nordafrikas. Obwohl man die Sonne kaum spürt, brennt sie hier doch so stark wie in der Steppe Algeriens. Sonnenschutz ist also eigentlich an klaren Tagen in Japan, zumindest in den südlichen und westlichen Landesteilen, unerlässlich – außer man ist so nachlässig wie ich und legt es darauf an. Die Quittung war eine noch über mehrere Tage spürbare Rötung der Haut am Hals, wegen der ich die Stelle an den Folgetagen mit Kleidung bzw. einem dicken Tuch bedecken musste. Glücklicherweise heilt es nach einer Weile von alleine ab, sodass ich keine medizinische Hilfe benötige. Aber die Lektion ist definitiv gelernt: Sonnenschutz erhält an sonnigen Tagen in sonnigen Ländern lange die Urlaubsfreude! So freue ich mich trotz der Umstände auf den nächsten Tag, an dem unser Japan Rail Pass gültig wird und die Bahn damit mehr in den Fokus der Reise rücken wird.

Weiter zu Tag 3