Tag 4 / 10

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Der 4. Tag beginnt ebenso früh wie der Tag zuvor, jedoch in diesem Fall nicht freiwillig, sondern dem Fahrplan geschuldet. Heute möchten wir die Tram Alicante besuchen, die auf einer ca. 100 km langen Strecke die Städte Dénia und Alicante miteinander verbindet. Außerdem möchten wir es im Anschluss am selben Tag noch bis nach Almería schaffen, um am nächsten Morgen endlich wieder etwas länger ausschlafen zu können.

Wir brechen gegen 6:30 am Hotel auf zum Bahnhof València-La Font de Sant Lluís, an dem wir gestern mit der Cercanías angekommen waren. Mit dem ersten stadteinwärts fahrenden Zug der Linie C 6 aus Castelló möchten wir um 6:50 zum Hauptbahnhof Estació del Nord fahren. Dort besteht ein 7-Minuten-Anschluss zur Linie C 1 nach Gandia.

Bild 4-1: Im Morgengrauen nutzen wir die Cercanías als Zubringer vom Bahnhof La Font de Sant Lluís zur Estació del Nord.

Die knappe Umsteigezeit stört bei der Reiseplanung nicht besonders, da der Zubringer gemäß Fahrplan 14 Minuten für die 4 km lange Strecke zwischen beiden Bahnhöfen in Valencia benötigen soll. Trotzdem werden wir langsam nervös, als der Zug gemäß Anzeigetafel zunehmend Verspätung aufbaut. Grund dafür ist ein verspäteter AVE nach Madrid, der den Bahnhof zur planmäßigen Abfahrtszeit der Cercanías passiert und diese wohl aus der planmäßigen Trasse verdrängt hat. Inzwischen werden der Cercanías der Linie C 6 rund 15 Minuten Verspätung prognostiziert. Daher weichen wir auf den zweiten Zug des Tages aus. Dabei handelt es sich um einen Zug der Linie C 3, der inzwischen in den Bahnhof einfährt. Glücklicherweise hält dieser im Gegensatz zum Zug der Gegenrichtung am Vortag ganz hinten am Bahnsteig, sodass wir bequem direkt an der Treppe zusteigen können.

Bild 4-2: Ungeplant fahren wir erneut innerstädtisch mit einem Dieseltriebwagen der Baureihe 592.

Der Anschluss war nun umso enger geworden, da die C 3 planmäßig um 7:11 ankommt und die C 1 zu genau der selben Zeit abfahren soll. Allerdings hat auch die Linie C 3 eine sehr großzügig bemessene Fahrzeit für den Streckenabschnitt La Font de Sant Lluís – Estació del Nord, sodass wir rund 5 Minuten vor Plan dort ankommen. Damit geht sich der Anschluss am Ende sehr gut aus. Den Zug der Linie C 6 aus Castelló sehen wir bis zu unserer Ausfahrt aus Valencia übrigens nicht mehr.

Bild 4-3: Dank der großzügigen Fahrzeitreserven der Cercanías-Züge vor dem Hauptbahnhof wird der Anschluss nach Gandia noch erreicht.
Bild 4-4: Eine Stunde später kommen wir im tiefer gelegten Bahnhof von Gandia an.
Bild 4-5: Durch die Tieflage befindet sich der Bahnhof mitten in der Innenstadt.

Gandia ist der südliche Endpunkt der Bahnstrecke von Valencia. Zwischen Gandia und Dénia, dem nördlichen Endpunkt der Straßenbahn Alicante, befindet sich daher eine rund 30 km lange Lücke im Schienennetz. Bis 1974 gab es eine Meterspurstrecke zwischen beiden Städten, die inzwischen stillgelegt und teilweise in einen Radweg umgewandelt wurde. Spuren davon sind in der Stadt noch zu finden.

Bild 4-6: Einige hundert Meter hinter dem Endpunkt der heutigen Breitspur-Strecke wird eine ehemalige Bahnbrücke heute als Fuß- und Radweg genutzt.
Bild 4-7: Die Strecke querte mit der Brücke das Flussbett des Bergfluss Serpis, der in diesem Abschnitt wegen Stauungen und landwirtschaftlicher Nutzung im Unterlauf meist trocken liegt.

Wir müssen zur Weiterfahrt nach Dénia daher auf die Straße ausweichen und nutzen dafür einen Fernbus des spanischen Betreibers ALSA. ALSA ist das größte Busunternehmen Spaniens. Neben einem nationalen Fernbusnetz betreibt das Unternehmen auch Strecken im Nah- und Regionalverkehr auf Konzession der autonomen Regionen. Leider sind die Fahrten von Gandia nach Dénia sehr ungleichmäßig über den Tag verteilt. Um 9:01 fährt unser von Valencia kommender Bus direkt ohne Zwischenhalt nach Dénia. Bereits 4 Minuten später fährt ein weiterer Bus aus Valencia nach Dénia, der auch in den Ortschaften unterwegs hält. Der nächste kommt dann erst wieder um 13:00. Beide Busse fahren an diesem Tag direkt hintereinander in den Busbahnhof von Dénia ein. Das führt bei den wartenden Reisenden zu sichtlicher Hektik. Allerdings versuchen die engagierten Busfahrer, das Chaos mit den Ausrufen „nueve – uno“ und „nueve – cinco“ zu ordnen. Die Busse sind übrigens auch an ihren Anschriften zu unterscheiden, denn der Bus um 9:01 hat Almería und der andere um 9:05 Benidorm zum Ziel.

Bild 4-8: Busbahnhof von Gandia

Kurz darauf verlassen wir den Busbahnhof und stehen nach einigen Metern an einer engen Einmündung, die ein falsch parkender Lieferwagen versperrt. Nach viel lautem Hupen des Busfahrers und der im Rückstau wartenden Autofahrer stellt der Lieferbote laut fluchend sein Fahrzeug weg und wir verlassen zügig die Stadt. Nach der Ortsdurchfahrt durch einen Vorort fährt der Bus auf die Autobahn auf.

Bild 4-9: Auf der linken Seite befinden sich hin und wieder kleine Ortschaften in höheren Berglagen.
Bild 4-10: Dénia ist bereits von weitem an seinem Hausberg Montgó erkennbar.

Auf der Zufahrtsstraße nach Dénia stockt es ein wenig hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug der Straßenmeisterei. Trotzdem erreicht der Bus pünktlich den Busbahnhof von Dénia.

Bild 4-11: Busbahnhof von Dénia. Wir sind mit dem Setra ganz rechts (an der Straße) angekommen.

Den Transfer vom Busbahnhof zum Bahnhof, an dem die Straßenbahn endet, absolvieren wir zu Fuß.

Bild 4-12: Carrer Major, die ruhige Hauptstraße der spanischen Kleinstadt.
Bild 4-13: Plaça de la Constitució
Bild 4-14: Castell
Bild 4-15: Der Túnel del Castell ermöglicht die Unterquerung der Festung.
Bild 4-16: Hafen von Dénia. Hier bestehen Fährverbindungen u. a. auf die Balearen.
Bild 4-17: Bahnhof Dénia, Endpunkt der Straßenbahn Alicante.

In Dénia endet die meterspurige Bahnstrecke von Alicante, die heute durch die Tram Alicante betrieben wird. Die Tram Alicante verkehrt formell auf ihrem gesamten Streckennetz als Eisenbahn, vermarktet sich jedoch selbst als Straßenbahn. Stündlich verkehrt ab Dénia die Linie 9 auf dem nicht-elektrifizierten Streckenabschnitt bis Benidorm. Dort besteht Anschluss zur halbstündlich elektrisch weiter fahrenden Linie 1. Auf der Dieselstrecke setzt die Tram Alicante niederflurige Zweikraft-Triebwagen des Typs STADLER Citylink ein.

Bild 4-18: Im Bahnhof steht ein Zug der Zweikraft-Baureihe 5000 abgestellt.
Bild 4-19: Einige Minuten vor der Abfahrt erreicht die Vorleistung des Zuges nach Benidorm den Bahnhof.

Die Fahrt über die sehr ursprünglich trassierte, aber bis ins Jahr 2023 vollständig generalsanierte Schmalspurbahn empfinde ich als das bisher schönstes Reiseerlebnis mit einer Straßenbahn.

Bild 4-20: Die Strecke bietet Aussicht auf die umliegenden Tafelberge.
Bild 4-21: Nach der Abfahrt aus Gata windet sich die Strecke durch einen Bergpass.
Bild 4-22: Wenig später passiert die Straßenbahn einen Steinbruch.
Bild 4-23: Hinter Benissa führt die Strecke über eine neu gebaute Talbrücke.
Bild 4-24: In Kürze erreicht der Zug Calp. Der Ort ist (vergleichbar zu Dénia) bereits von weitem an seinem markanten Stadtfelsen auszumachen.

Zu unserer Überraschung endet der Zug in Calp an einem provisorischen Bahnsteig. Dort müssen Fahrgäste nach Auskunft des Zugbegleiters zur Weiterfahrt umsteigen. Wie an den Bahnsteigen in Bild 4-25 zu erkennen ist, findet in Calp findet ein Umstieg von Niederflur auf Hochflur statt. Der Wechsel des Fahrzeugs wird in den Auskunftsmedien trotzdem als durchgehende Fahrt verkauft, sodass der Anschluss garantiert ist.

Bild 4-25: In Calp endet der Niederflur-Triebwagen an einem provisorischen Bahnsteig (hinter dem Fahrzeug).
Die Fahrgäste in Richtung Benidorm warten deshalb am Hochbahnsteig auf den Anschlusszug.
Bild 4-26: Die Karte zeigt den bisherigen Streckenverlauf. Wir setzen unsere Fahrt in Kürze Richtung Altea fort.
Bild 4-27: Zur Weiterfahrt fährt ein älterer Hochflur-Triebwagen der Baureihe 2500 vor.

Erforderlich ist der Umstieg, da eine Brücke im weiteren Streckenverlauf erst noch saniert werden muss, bevor die schwereren Triebwagen der Baureihe 5000 diese befahren dürfen. Wenn es soweit ist, werden durchgehende Fahrten mit den Zweikraft-Fahrzeugen von Alicante bis Dénia möglich sein.

Die Strecke nach Benidorm quert kurz nach der Abfahrt den Cañón del Mascarat, einen Canyon, der die benachbarten Orte Calp und Altea voneinander trennt. Danach steigt die Strecke ab bis fast auf Meereshöhe. Der Zug füllt sich in diesem Abschnitt zunehmend, sodass trotz der großzügigen Innenraumgestaltung einige Fahrgäste stehen müssen. Die Fahrt endet schließlich in Benidorm. Dort steht am Hausbahnsteig bereits der Anschluss nach Alicante bereit.

Bild 4-28: Bei Altea steigt die aus dem Hinterland kommende Strecke bis fast auf Meereshöhe ab.
Bild 4-29: Dieseltriebwagen der Linie 9 nach der Ankunft in Benidorm.
Bild 4-30: Am Hausbahnsteig wartet der zahlreich genutzte Anschlusszug der Linie 1 nach Alicante.

Während sich die Mehrheit der Fahrgäste in den voll elektrischen Triebwagen der Linie 1 begibt, verlassen wir den Bahnhof und legen eine Pause in unserem Reiseverlauf ein, um die Stadt Benidorm zu erkunden. Benidorm ist für sein einzigartiges und fast unwirkliches Stadtbild bekannt, denn obwohl die Stadt nur rund 70.000 Einwohner zählt, besteht sie im Zentrum überwiegend aus Hochhäusern. Die Stadt hat seit den 1960er-Jahren eine sehr radikale Entwicklung vom Fischerdorf zum Touristenort hingelegt. Zur Behausung der Massen an Touristen wurden daher mehrstöckige Hotels errichtet. Um die Stadt trotz der steigenden Zahl an Einwohnern und Touristen kompakt zu halten, wurde zunehmend auch bei Wohngebäuden in die Höhe gebaut. Heute hat Benidorm die höchste Dichte an Hochhäusern weltweit.

Bild 4-31: Die Hochhausstadt Benidorm wird in Spanien auch als „Little Manhattan“ bezeichnet.
Bild 4-32: Eine lange Promenade durch den Parc de L’Aigüera verbindet den Bahnhof mit dem Strand.
Bild 4-33: Plaça Triangular
Bilder 4-34 und 4-35: Skyline von Benidorm
Bild 4-36: Benidorm ist auch bei (britischen) Touristen gehobenen Alters beliebt. Diese leihen sich gerne aus Komfortgründen solche elektrischen Krankenfahrstühle, auch wenn es keine medizinische Notwendigkeit dafür gibt.
Bild 4-37: Neben hohen Gebäuden sind auch breite Straßen in der Stadt zu finden. Der Radverkehr wird dabei in der Mitte der Straße geführt.
Bild 4-38: Schließlich erreichen wir den Haltepunkt Benidorm Intermodal, das Ende des elektrischen Streckenabschnitts von Alicante.

Der Haltepunkt Benidorm Intermodal befindet sich im eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Benidorm und Altea nahe des Fernbus-Terminals von Benidorm. Neben der Linie 9, die hier stündlich in beide Richtungen fährt, bedienen einzelne Züge der Linie 1 zur Hauptverkehrszeit den Haltepunkt, die über den eigentlichen Endpunkt Benidorm hinaus hierhin verlängert sind. Wir nutzen den Zug um 13:58 zur Weiterfahrt nach Alicante.

Bild 4-39: Gerade einmal 6 Zugpaare der Linie 1 fahren täglich über Benidorm hinaus nach Benidorm Intermodal.
Bild 4-40: Ein elektrischer Triebwagen der Baureihe 4000 fährt in Kürze nach Alicante.
Leider tragen alle Züge der Linie 1 trotz der landschaftlich sehenswerten Streckenführung Vollwerbung.
Bild 4-41: Fahrgäste erleben die schöne Strecke daher aus der Moskitonetz-Perspektive.

Die Linie 1 hält bis zur Endhaltestelle der Linie 3 in El Campello an allen Stationen. Bis dorthin ist die Strecke eingleisig, sodass alle 15 Minuten eine Zugkreuzung erforderlich wird. Da sich der Abstand der Haltestellen nicht mit den fahrplan-optimalen Kreuzungspunkten deckt, gibt es an manchen Stellen Betriebsbahnhöfe zur Kreuzung auf der „freien“ Strecke, z. B. auf halben Weg zwischen dem Haltepunkt Paradis und dem Bahnhof Venta Lanuza. Ab El Campello ist die Strecke durchgehend zweigleisig. Die Linie 1 fährt ab dort als Expresslinie. Bis zur Haltestelle La Isleta halten die Züge der Linie 1 nur in Lucentum, während die Linie 3 auf dieser Strecke noch 10 weitere Zwischenhalte bedient. Wir steigen an der Haltestelle Sanguetta aus, der letzten Station vor der Einfahrt in den Innenstadttunnel. Dort zweigt die Strecke der Linie 5 zur Endhaltestelle Porta del Mar an der Strandpromenade ab.

Bild 4-42: An der Haltestelle Sanguetta zweigt die Strecke zum Strand (links) von der Stammstrecke in die Innenstadt (rechts) ab.
Im Hintergrund ist das Castillo de Santa Bárbara erkennbar.
Bild 4-43: Auf halbem Weg zum Strand liegt der Bahnhof La Marina, der frühere Endbahnhof der Schmalspurstrecke. Dort fährt gerade eine Tram der Linie 5 stadtauswärts.
Bild 4-44: Playa del Postiguet
Bild 4-45: Eine Wendelrampe verbindet den Strand mit einer höher gelegenen Straße, in der sich ein Aufzug zur Festung befindet.
Bild 4-46: Castillo de Santa Bárbara über dem Strand

Nach einer kurzen Erholungspause am Strand fahren wir weiter in die Innenstadt. Dafür nutzen wir die Linie 5 zurück bis zum Umsteigepunkt Sanguetta und steigen dort um in einen stadteinwärts fahrenden Zug der Stammstrecke. Die Innenstadtstrecke endet nach 3 Stationen an der unterirdischen Endstelle Luceros.

Bild 4-47: Tram der Linie 5 an der Endhaltestelle Porta del Mar
Bild 4-48: Haltestelle Sanguetta
Bild 4-49: Endstation Luceros

Die Endhaltestelle der Straßenbahn liegt nur einen kurzen Fußweg vom RENFE-Bahnhof Alacant Terminal entfernt.

Bild 4-50: Der Aufzug der Station Luceros endet vor einem Brunnen in der Mitte eines großen Kreisverkehrs.
Bild 4-51: Rund 10 Minuten später erreichen wir fußläufig den RENFE-Bahnhof Alacant Terminal.
Bild 4-52: Bahnhofshalle von Alacant Terminal

Von Alicante fahren wir mit dem Zug weiter nach Murcia. Dafür gibt es zwei mögliche Streckenführungen: Zum einen die Breitspur-Strecke über Elche, die von der Cercanías und wenigen Regional- und Fernzügen bedient wird und zum anderen die normalspurige Neubaustrecke, die erst Ende 2023 bis Murcia eröffnet wurde. Wir entscheiden uns für die schnellere Variante. Zwischen Alicante und Murcia gibt es auf der Neubaustrecke ein regelmäßiges Angebot an „regionalen Hochgeschwindigkeitszügen“, welche die RENFE als Avant vermarktet. Avant-Züge halten i. d. R. an allen Unterwegshalten und fahren nur innerhalb des Einzugsbereichs von Ballungszentren. Sie werden, genauso wie Media Distancia-Züge, zum Festpreis angeboten und sind reservierungspflichtig. Der nächste Avant fährt um 17:15. Wir nutzen jedoch bereits den AVE aus Madrid, der um 17:00 nach Murcia weiterfährt, zum Avant-Preis. Das ist durch eine weitere Besonderheit des spanischen Buchungssystems möglich: Spanische Züge werden oft abschnittsweise als „Codesharing“-Angebot auch in einer niedrigeren Zuggattung angeboten. So sind für den AVE zwischen Alicante und Murcia sowohl Festpreis-Fahrkarten zum Avant-Tarif für 9 €, als auch dynamisch bepreiste Fahrkarten zum AVE-Tarif für zum Buchungszeitraum mindestens 12 € erhältlich. Ich entscheide mich natürlich für die günstigere Option, die zudem eine kostenfreie Sitzplatzauswahl enthält (im AVE-Tarif ist die platzgenaue Buchung aufpreispflichtig). Dafür können nur Sitzplätze in den Wagen 8 und 9 reservieret werden, die den Reisenden zum Avant-Tarif zwischen Alicante und Murcia vorbehalten sind.

Für den Zugang zum Bahnsteig müssen wir nun, wie im spanischen Hochgeschwindigkeitsverkehr üblich, durch die Sicherheitskontrolle. Das bedeutet, wir legen unser Gepäck auf ein Förderband und lassen es kurz durchleuchten. Zudem zeigen wir einem Mitarbeiter der ADIF (des spanischen Infrastrukturbetreibers) kurz unsere Fahrkarte. Die Kontrolle ist bei weitem nicht so umfangreich wie an Flughäfen. Es müssen also keine Flüssigkeiten größer 100 ml ausgepackt werden und auch den Gürtel darf man anbehalten, da kein Scanner durchschritten werden muss. Nachdem wir unser Gepäck wieder an uns genommen haben, dürfen wir weiter zum Bahnsteig, lassen unsere Fahrkarte am Zugang vom RENFE-Personal scannen und warten auf den Zug.

Bild 4-53: Am Bahnsteig gegenüber steht ein Triebwagen der aus dem italienischen ETR 480 abgeleiteten RENFE-Baureihe 104 für die Avant-Leistung um 17:15 bereit.
Bild 4-54: Wir nutzen diesen „Entenschnabel“ (spanisch: Patito, also „Entchen“) der Baureihe 102 nach Murcia.

Da der Zug in Alicante die Fahrtrichtung wechselt, zeigen auf der Fahrt nach Murcia alle Sitze (bis auf die eine vis-à-vis-Sitzgruppe pro Wagen) rückwärts.

Bild 4-55: Der Zug verfügt über eine fast dauerhaft aktive Geschwindigkeitsanzeige für die Fahrgäste.
Bild 4-56: Mit bis zu 250 km/h fährt der AVE dem Zielbahnhof Murcia entgegen.
Bild 4-57: Murcia hat heute ebenfalls einen Tunnelbahnhof für den Hochgeschwindigkeitsverkehr.

In Murcia haben wir nun über eine Stunde Zeit für den Wechsel zum Busbahnhof, die wir u. a. zur Verpflegung nutzen. Spanische Busbahnhöfe liegen leider nur in den wenigsten Fällen direkt an den Bahnhöfen. In Murcia liegen beide Örtlichkeiten ca. 2 km voneinander entfernt. Diese Entfernung legen wir nach dem Abendessen fußläufig zurück.

Bild 4-58: Murcia liegt am Río Segura.
Bild 4-59: Die Paserela de Manterola überspannt den Fluss.
Bild 4-60: Río Segura von der Brücke aus betrachtet.
Bild 4-61: Brunnen und Blumenbeet im angrenzenden botanischen Garten

20 Minuten später stehen wir am Busbahnhof und besteigen erneut einen Fernbus von ALSA, der uns zum Tagesziel Almería bringt. In ALSA-Bussen ist es üblich, bei der Buchung einen Sitzplatz zugewiesen zu bekommen, den man sich i. d. R. grafisch auswählen darf. Beim Scannen der Fahrkarte spricht der Busfahrer die Platznummer auch noch einmal laut aus. Dennoch interessiert sich in Spanien niemand für diese Platznummern. Bei meinen Fahrten mit ALSA war mein Platz immer belegt, also suche ich mir einfach einen anderen aus und lasse mich dort nieder. Zum Aufstehen angesprochen wurde ich wiederum auch nie. In Spanien lebt man die Gelassenheit.

Bild 4-62: Ein Volvo bringt uns in gut 3 Stunden nach Almería.
Bild 4-63: An den Zwischenhalten wird auf den Innenmonitoren das Bild einer Außenkamera live übertragen, die den Gepäckraum zeigt.
Dadurch braucht man sich als Fahrgast trotz mehrerer Zwischenhalte keine Sorgen über den Diebstahl von Gepäckstücken zu machen.
Bild 4-64: Erst nach 22:00 erreichen wir Almería bei nach wie vor rund 20 Grad Außentemperatur.

Mit Almería haben wir die Südküste Spaniens nun erreicht und liegen auf einer „Höhe“ (d. h. Breite) mit Städten wie Algier, Tunis und Antalya. Wir gehen zur späten Stunde noch einmal rund 2 Kilometer in das Stadtzentrum hinein, um dort unser Hotelzimmer zu beziehen. Während deutsche Städten zu dieser Zeit an Werktagen mitunter bereits beunruhigend leer sind, ist in Spanien am späten Abend noch viel Leben in den Straßen. Wir freuen uns nach dem langen Tag nun aber darauf, am nächsten Morgen ausschlafen zu dürfen, da wir die Reise erst nach 10:00 fortsetzen werden.

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