Tag 2 / 10

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War der erste Reisetag noch recht kurz und nur der Anreise zum Fernbahnhof in Strasbourg dienlich, so möchten wir heute nun ziemlich viel Strecke machen. Insgesamt stehen mehr als 1.000 Kilometer bevor. Zunächst beginnt der Tag aber einmal mehr mit einer Fahrt mit der Tram-Linie D vom Hotel zurück zum Bahnhof.

Bild 2-1: Eine Straßenbahn der Linie D verlässt die Tiefebene des Bahnhofs Strasbourg Ville in Richtung Kehl.
Bild 2-2: Die gläserne Einhausung des Bahnhofs aus Bild 1-9 von außen betrachtet.

Ab Strasbourg nutzen wir um 9:04 den TGV nach Marseille bis nach Lyon, das gegen 13:00 erreicht werden soll. Dort haben wir dann 1,5 Stunden Zeit bis zur Weiterfahrt mit dem AVE nach Spanien um 14:30. Die Übergangszeit mutet großzügig an. Bei meiner Anreise zur Studienexkursion im vergangenen Jahr hatte mein TGV jedoch kurz vor Lyon 70 Minuten Verspätung aufgebaut, da eine Corail-Garnitur im vorausliegenden Blockabschnitt liegen geblieben war. Reisende nach Toulouse wurden an diesem Tag auf ein Hotel verwiesen, da deren Anschluss-TGV exakt parallel zur Einfahrt unseres Zuges den Bahnhof pünktlich verlassen hatte ohne auch nur eine Minute zu warten. Die Alternative bei einem Anschlussverlust wäre daher heute gewesen, den restlichen Tag in Lyon zu verbringen und mit dem Flixbus über Nacht nach Barcelona weiter zu fahren. Dadurch wäre die Fahrkarte für den AVE wertlos geworden. Die kostenlose Stornierung im Hotel vor 18:00 könnte diesen Verlust auch nicht wett machen, da das Geld für das Zimmer dann für die zusätzliche Flixbus-Fahrkarte benötigt würde. Es gäbe übrigens am selben Tag noch einen späteren TGV nach Barcelona; dieser war aber bereits in beiden Klassen „complet“. Somit bringt der Anschluss in Lyon ein hohes Risiko mit, welches wir aber dennoch eingehen.

Der Bahnsteig für unseren TGV ist durch mobile Gitter abgesperrt. An den Durchlässen kontrolliert das Personal der SNCF die Fahrkarten. Kurz vor 9 Uhr rollt der TGV Duplex in den Bahnhof und wir nehmen im Oberdeck Platz.

Bild 2-3: Pünktlich um 8:47 fährt der ICE aus Karlsruhe ein. Die Anreise mit der ersten Verbindung aus der Pfalz hätte an diesem Tag also funktioniert.

Wir fahren zunächst mit bis zu 220 km/h über die Ausbaustrecke Strasbourg – Mulhouse. Dabei durchfährt der TGV u. a. die größeren Bahnhöfe von Sélestat und Colmar mit voller Geschwindigkeit am Bahnsteig.

Bild 2-4: Zwischen Strasbourg und Mulhouse fahren wir am Ostrand der Vogesen entlang durch die obere Rheinebene.

Im Zulauf auf Mulhouse erleben wir dann genau das Gegenteil. Da die direkte südliche Einbindung der Hauptstrecke in den Bahnhof einen Fahrtrichtungswechsel erfordern würde, nehmen viele TGV den Umweg über den Güterbahnhof. Der Zug fährt dabei einmal um die Stadt herum und erreicht den Bahnhof aus nördlicher Richtung, sodass eine direkte Weiterfahrt nach Süden möglich ist. Leider ist die Strecke für diese Rundfahrt nicht für besonders hohe Geschwindigkeiten im Reiseverkehr ausgebaut. Gerade in der unmittelbaren Bahnhofseinfahrt schleicht der Zug mit 30 km/h dem Bahnsteig entgegen. Insgesamt werden rund 20 Minuten der 50-minütigen Fahrzeit von Strasbourg nach Mulhouse für den Umweg über den Güterbahnhof benötigt, der gerade einmal 5 km länger ist als die südliche Einbindung in den Bahnhof.

Bild 2-5: Auf der Rundfahrt um die Stadt Mulhouse wird in gemütlichem Tempo der Canal du Rhône au Rhin überquert.

Mulhouse verlassen wir über die Hauptstrecke nach Paris, der der Zug bis kurz vor Belfort folgt. Nahe der Ortschaft Petit-Croix biegen wir ab auf die LGV Rhin-Rhône in Richtung Dijon. Beschleunigen kann der Zug aber erst einmal nicht, denn schon nach wenigen Kilometern findet ein planmäßiger Halt am Bahnhof Belfort-Montbéliard TGV statt. Dabei handelt es sich um einen typisch französischen Kraut- und Rüben-Bahnhof auf der grünen Wiese fernab der beiden namensgebenden Städte. Immerhin besteht seit 2018 ein Anschluss an den Regionalverkehr. Stündlich fährt die SBB nach Delle und weiter nach Biel. Außerdem verkehrt manchmal ein Zug der SNCF zum Stadtbahnhof Belfort Ville. Nach der Abfahrt beschleunigt unser TGV dann tatsächlich bis auf 320 km/h und nach einem weiteren Halt in Besançon-Franche Comté TGV erreichen wir zügig Dijon.

Bild 2-6: Die Schnellfahrstrecke führt überwiegend durch dünn bebautes Gebiet.
Bild 2-7: Trotzdem wurden einige Bahnhöfe mit eher spärlicher Ausstattung wie hier Besançon-Franche Comté TGV direkt an der Strecke eingerichtet,
damit haltende Züge keinen Umweg in das Stadtzentrum nehmen müssen.
Bild 2-8: In Dijon findet ein Fahrtrichtungswechsel statt.

Der Fahrtrichtungswechsel in Dijon ist im Gegensatz zu dem in Mulhouse nicht vermeidbar. Es gibt zwar eine Verbindungsstrecke im Güterbahnhof, über die manche TGV die Stadt umgehen. Allerdings hat die SNCF bei diesem Zug entschieden, dass sich ein Halt zum Fahrgastwechsel in Dijon gegenüber der Fahrzeitersparnis anscheinend lohnt. Nach rund 10 Minuten Standzeit setzen wir unsere Fahrt demnach in umgekehrter Wagenreihung fort und geraten bald in einen heftigen Regenschauer. Allerdings wird es bis zur Ankunft in Lyon glücklicherweise noch aufklaren. Hinter Maçon bestünde die Möglichkeit, über eine Verbindungskurve auf die LGV Paris – Lyon aufzufahren. Der Zug verbleibt aber auf der Altstrecke und windet sich schließlich entlang der Saône hinein in die Stadt Lyon. Zur Freude für unseren weiteren Reiseverlauf und unseren Geldbeutel erreichen wir den Bahnhof Lyon-Part Dieu pünktlich.

Bild 2-9: Nach einem heftigen Regenschauer klart es hinter Maçon langsam wieder auf.
Bild 2-10: Im Zulauf auf die Stadt Lyon folgt die Strecke der Saône.
Bild 2-11: Kurz vor dem Bahnhof Part Dieu quert die Zulaufstrecke die Rhône.
Bild 2-12: Pünktlich erreicht der TGV Duplex den Bahnhof Lyon-Part Dieu.
Bild 2-13: Im Bahnhof warten einige Regionalzüge auf ihren nächsten Einsatz.

Dank der pünktlichen Ankunft haben wir nun etwas Zeit für einen kurzen Eindruck von der Stadt, bei dem sich die Sonne nun auch endgültig durchsetzen wird. Lyon liegt am Zusammenfluss von Saône und Rhône. Wie bereits auf den Bildern 2-10 und 2-11 erkennbar, sind die Flüsse leicht an der Farbe des Wassers zu unterscheiden. Die Rhône ist ein aus den Alpen zufließender Bergfluss, der eine höhere Fließgeschwindigkeit als die langsamere Saône aufweist, die zwischen Dijon und Lyon gemächlich durch eine lange Ebene fließt. Daher trägt die Saône deutlich mehr Sedimente mit sich und wirkt eher bräunlich und trüb, während das Wasser der schnelleren Rhône eine klare und blaue Färbung aufweist. In den nachfolgenden Bildern 2-17 und 2-19 wird dieser Unterschied erneut deutlich.

Bild 2-14: Métro Lyon mit auf der Linie B fahrerlosem Betrieb.
Bild 2-15: Blick von der Ponte Bonaparte auf den Hügel Fourvière und das darunter liegende Stadtviertel Vieux Lyon.
Auf dem Hügel thront die Basilique Notre-Dame de Fourvière über der Altstadt. Davor befindet sich die Cathédrale Saint-Jean-Baptiste.
Bild 2-16: Cathédrale Saint-Jean-Baptiste am Place Saint-Jean.
Bild 2-17: Auf dem Rückweg in die Stadt queren wir zunächst die Saône.
Bild 2-18: Zwischen Saône und Rhône befindet sich die Halbinsel Presqu’île. Hier befinden wir uns am Place Bellecour.
Bild 2-19: Wenig späteren queren wir dann auch die Rhône.
Bild 2-20: Straßenbahn in Lyon
Bild 2-21: Vor dem Bahnhof Part Dieu wartet ein besonderes Verkehrsangebot auf zahlungskräftige Kunden. Der Rhôneexpress ist eine Straßenbahn-Schnellverbindung zum Flughafen Lyon St. Exupéry. Stolze 16 € kostet die 35-minütige Fahrt zum Flughafen. Mit Bus und Straßenbahn des örtlichen Verkehrsbetriebs TCL dauert die Fahrt inkl. Umstieg etwas länger, ist aber für gerade einmal 2 € zu haben.

Am Bahnhof reicht die Zeit bis zur Abfahrt noch aus für eine kurze Verpflegung. Dann gehen wir zum Bahnsteig unseres AVE nach Barcelona, der im Gegensatz zu den Gegebenheiten in Strasbourg frei zugänglich ist. Dafür steht an jeder offenen Tür ein Zugbegleiter der RENFE, der die Fahrkarten beim Zustieg kontrolliert.

Bild 2-22: Zugang zum Bahnhof Part Dieu.
Bild 2-23: Am Nachbarbahnsteig steht eine AGC-Doppeltraktion.
Bild 2-24: Wir besteigen den AVE nach Barcelona.

Das Angebot im Fernverkehr zwischen Frankreich und Spanien ist sehr überschaubar. Es besteht seit einigen Jahren aus 2 – 3 TGV-Zugpaaren Paris – Barcelona am Tag sowie einem AVE Marseille – Madrid und einem AVE Lyon – Barcelona. Diese Züge wurden einst in Kooperation der beiden beteiligten Staatsbahnen betrieben. 2018 kam die SNCF allerdings auf die Idee, die Liberalisierung des Marktes im Hochgeschwindigkeitsverkehr in Spanien zu nutzen, um ihr Billigprodukt OUIGO auf der Paradestrecke der RENFE von Madrid nach Barcelona zu platzieren. Der Betrieb wurde Mitte 2021 aufgenommen. Als Reaktion auf diesen Angriff im angestammten Markt der RENFE waren beide wohl keine Freunde mehr. Ende 2022 wurde die unter der Bezeichnung „Elipsos“ geführte Kooperation zwischen SNCF und RENFE daher beendet – offiziell aufgrund des defizitären Betriebs auf Seite der SNCF. Danach verkehrten für einige Monate gerade einmal 2 TGV-Zugpaare Paris – Barcelona am Tag über die grenzüberschreitende Schnellfahrstrecke. Im Mai 2023 erhielt die RENFE jedoch ihre eigene Zulassung zum Betrieb von Zügen in Frankreich. Seitdem fahren die beiden täglichen AVE-Zugpaare wieder. In Frankreich werden die Züge durch die RENFE eigenwirtschaftlich betrieben, wobei explizit auch Fahrkarten für innerfranzösische Teilstrecken zu teils im Vergleich mit der SNCF sehr attraktiven Preisen angeboten werden.

Der AVE startet ebenfalls pünktlich um 14:32, verlässt die Stadt über die Hauptstrecke in Richtung Grenoble und fährt nach wenigen Minuten auf die LGV Rhône-Alpes auf, die nach dem Halt am Bahnhof Valence TGV in die LGV Méditerranée übergeht.

Bild 2-25: Die Schnellfahrstrecke führt erneut durch dünn besiedeltes Land.
Bild 2-26: Bei Orange quert die Strecke mehrfach die nun langsamer fließende und daher etwas trübere Rhône.

Kurz vor Avignon verzweigt sich die Schnellfahrstrecke. Der durchgehende Streckenast führt weiter über Avignon und Aix en Provence nach Marseille. Der AVE nach Barcelona biegt hier allerdings ab auf den Streckenast in Richtung Nîmes.

Bild 2-27: Das Überwerfungsbauwerk bei Avignon bietet einen weiten Ausblick auf die Landschaft der Provence.
Das Gleis im Vordergrund ist das Richtungsgleis der Verbindungskurve von Avignon.
Es wird planmäßig von einem einzigen Zug am Tag, dem AVE Marseille – Madrid, befahren.

Vor dem Bahnhof Nîmes-Pont du Gard verlässt der Zug die als Contournement de Nîmes et Montpellier zum Bahnhof Montpellier-Sud de France weiterführende Schnellfahrstrecke und wechselt auf die Altstrecke, um die innenstadtnahen Bahnhöfe Nîmes Centre und Montpellier-Saint Roch bedienen zu können. Danach fahren wir ohne Halt durch Sète, Agde und Béziers nach Narbonne. Schließlich durchquert der Zug die Seenlandschaft des Parc naturel régional de la Narbonnaise en Méditerranée und erreicht anschließend den Grenzbahnhof Perpignan am Nordrand der Pyrenäen.

Bild 2-28: In Sète besteht ein kurzzeitiger Ausblick auf den Étang de Thau.
Bild 2-29: Wenig später fahren wir an der Cathédrale Saint-Nazaire in Béziers vorbei.
Bild 2-30: Hinter Narbonne verläuft die Strecke durch eine weite Seenlandschaft.
Bild 2-31: Gegen 18:00 erreicht der AVE den Grenzbahnhof Perpignan.
Bild 2-32: In Perpignan haben wir einige Minuten Aufenthalt, bevor der Zug nach Spanien weiterfährt.

Frankreich und Spanien werden durch die östlichen Ausläufer des Pyrenäen-Hauptkamms voneinander getrennt, die bis an die Küste bei Cerbère und Portbou heran reichen. Bereits die historische Küstenstrecke benötigte daher zur Herstellung der internationalen Verbindung einen Grenztunnel. Die Schnellfahrstrecke quert die Grenze ebenfalls in einem rund 8 Kilometer langen Pyrenäen-Tunnel.

Bild 2-33: Das Pyrenäen-Gebirge bildet die natürliche Grenze zwischen Frankreich und Spanien, die in einem langen Tunnel überquert wird.

Auf der spanischen Seite fahren wir bei stetig sinkender Sonne dann noch rund 150 Kilometer durch die gebirgige Grenzregion Katalonien und nach zwei weiteren Zwischenhalten am Stadtrand von Figueres und in Girona erreichen wir um 19:34 pünktlich den Zielbahnhof Barcelona Sants.

Bild 2-34: Beim Besuch der Bordtoilette fallen die hölzernen WC-Elemente auf.
Bild 2-35: Rund 10,5 Stunden nach der Abfahrt in Strasbourg haben wir den Tiefbahnhof von Barcelona Sants erreicht.
Am Gleis gegenüber steht ein AVE-Triebzug von Siemens, der auf dem ICE 3 basiert.

Von Barcelona aus müssen wir an diesem Abend noch mit der S-Bahn, die in Spanien allgemein als Cercanías, in Katalonien allerdings davon abweichend als Rodalies bezeichnet wird, zu unserem Hotel im Küstenort Mataró weiterfahren. Dafür kann die Fahrkarte für den AVE genutzt werden, die ein City-Ticket, in Spanien „Combinado Cercanías“ genannt, enthält. Da diese Regelung allerdings auf dem internationalen Fahrschein nicht aufgedruckt war, hatte ich zuvor kurz beim Zugpersonal nachgefragt, ob die Fahrkarte ein Combinado Cercanías enthält. Der Zugbegleiter bestätige nach Rücksprache mit dem Zugchef, dass auch Fahrkarten für den internationalen AVE für Anschlussfahrten mit den Rodalies gültig sind. Die Linie R 1 in Richtung Mataró fährt am Sonntag im 15-Minuten-Takt. Der nächste Zug nach Ankunft des AVE würde planmäßig um 19:40 abfahren. Da wir gut vom Fernbahnsteig herauf in die Bahnhofshalle kommen, entscheiden wir uns, diesen kurzen Anschluss zu versuchen. Zügig gehen wir zur Bahnsteigsperre der Rodalies-Bahnsteige, die unsere AVE-Fahrkarte anstandslos anerkennt, und kommen genau um 19:40 auf dem Bahnsteig an. Dort steht allerdings kein Zug. Nach wenigen Minuten verschwindet der Zug der Linie R 1 von der Anzeige und ein anderer Zug der Linie R 4 fährt am Bahnsteig vor. Um 19:48 erscheint unser Zug nach Mataró dann doch wieder auf dem Anzeiger am gegenüberliegenden Gleis am selben Bahnsteig. Kurz darauf verlassen wir den Bahnhof Barcelona Sants mit 12 Minuten Verspätung. In Anbetracht der Taktdichte und der Verspätung wird der Zug im Stadtgebiet sehr voll. Ein Großteil der Fahrgäste bleibt bis zum Endbahnhof Mataró im Zug, den wir gegen 20:30 schlussendlich erreichen.

Bild 2-36: Rodalies der RENFE in Mataró.

Nach einem längeren Fußweg durch die Stadt erreichen wir unser Hotel und freuen uns nach der langen Anreise nun auf die kommenden erlebnisreichen Reisetage in Spanien.

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