Der vierte Reisetag beginnt sehr früh, da wir uns heute in das kulturelle Zentrum des Landes (und damit auch in ein Zentrum des Massentourismus) begeben werden: Kyōto. Die alte Kaiserstadt bietet so viel, dass Kyōto und die nähere Umgebung insgesamt 3 Tage im Reiseprogramm einnehmen werden. Der heutige Tag ist zunächst dem Besuch der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt gewidmet. Um den Touristenmassen soweit als möglich aus dem Weg zu gehen, reisen wir entsprechend früh nach Kyōto an und nutzen dafür erstmals auf dieser Reise den Shinkansen, den japanischen Hochgeschwindigkeitszug.


„Shinkansen“ bedeutet auf japanisch „neue schnelle Strecke“. Die Notwendigkeit einer schnelleren Verbindung zwischen den beiden größten Ballungsräumen Tōkyō und Ōsaka wurde bereits vor dem 2. Weltkrieg erkannt. Nach dem Krieg war die konventionelle Kapspur-Eisenbahn dem zunehmenden Fahrgastaufkommen jedoch endgültig nicht mehr gewachsen. Zudem konnten die Züge nicht mit den steigenden Erwartungen der Fahrgäste an kurze Reisezeiten mithalten. Ein Ausbau der alten Fernstrecke, der Tōkaidō Main Line (Tōkyō – Nagoya – Kyōto – Ōsaka – Kōbe), wäre also erforderlich gewesen. Allerdings sind es die Japaner dann gleich richtig angegangen und dachten das System neu: Eine Normalspurstrecke, unabhängig vom Schmalspurnetz, die von elektrischen Triebwagen mit über 200 km/h befahren wird, sollte es werden. 1964 wurde die Tōkaidō Shinkansen als erste Schnellfahrstrecke der Welt von Tōkyō nach Ōsaka eröffnet. Brauchten die schnellsten Züge damals noch rund 4 Stunden, sind die 515 Kilometer zwischen den beiden Endpunkten heute in unter 2,5 Stunden machbar. Das Shinkansen-Netz wird im Vergleich mit China oder Spanien zwar langsam, aber kontinuierlich erweitert. Eine neue Strecke auf der nördlichen Hauptinsel Hokkaidō befindet sich aktuell im Bau. Das Wort „Shinkansen“ bezeichnet übrigens sowohl das „Gesamtsystem“ als auch deren Infrastruktur und Fahrzeuge.
Wir nutzen den Shinkansen an diesem Morgen von Shin-Ōsaka bis Kyōto. In Ōsaka wurde bei der Errichtung der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke ein eigener Bahnhof in Randlage gebaut. In Kyōto führt die Shinkansen-Strecke dagegen durch den Hauptbahnhof. Der Zugang zu den Shinkansen-Gleisen ist jeweils über eine zweite „innere“ Bahnsteigsperre geregelt (erkennbar in Bild 4-1): Durch die „allgemeine“ (äußere) Sperre kommen Reisende in den Bahnhof und zu den konventionellen Zügen; durch die Shinkansen-Sperre erhalten sie zusätzlich Zugang zum Shinkansen. Mit dem Japan Rail Pass kann die „innere“ Sperre anstandslos passiert werden. Die Züge auf der Tōkaidō Shinkansen sind nicht allgemein reservierungspflichtig. Für die 1. Klasse (Green Car) ist allerdings eine Reservierung erforderlich. Bei 3 „grünen“ Wagen pro Zug ist aber eigentlich immer bis kurz vor der Abfahrt noch ein Wunschsitzplatz erhältlich. In den 16-Wagen-Zügen habe ich jedenfalls über die gesamte Reise nie eine Auslastung der Green Cars von mehr als 10% erlebt. Unser Zug, der Hikari 634, startet pünktlich um 6:11 in Shin-Ōsaka, beschleunigt kurz nach der Ausfahrt auf Streckengeschwindigkeit, bremst 10 Minuten später langsam ab und kommt pünktlich um 6:24 in Kyōto an.

Dieser Zug wird den Hikari am nächsten Bahnhof Maibara überholen.
Kyōto gilt als kulturelles Zentrum Japans. Die Stadt, die über mehr als 1.000 Jahre Sitz des japanischen Kaisers war, verfügt über unzählige Tempel, Schreine, Gärten und andere historische Gebäude. Damit zählt Kyōto zugleich auch zu den meistbesuchten Städten Japans. Rund 55 Millionen Besucher empfängt die Stadt jährlich, von denen 10 Millionen aus dem Ausland kommen. An dieser Stelle nun ein kurzer Exkurs zum Thema Massentourismus in Japan: Die einheimische Bevölkerung beschwert sich zunehmend über die stark ansteigende Zahl ausländischer Touristen seit 2023. Nachdem das Land in der CoViD-Zeit über zwei Jahre faktisch von der übrigen Welt abgeschottet war, verzeichnet der internationale Tourismus seit der Rücknahme der Schutzmaßnahmen neue Höchststände. Neben Nachholeffekten aus der Pandemie-Zeit spielt auch der schwache Yen dabei eine Rolle. Die reine Anzahl der ausländischen Touristen ist aber nicht das Hauptproblem (man vergleiche die Zahlen oben, um sich der viel größeren Dimension des Binnentourismus bewusst zu werden). Hauptgrund der Beschwerden ist das Verhalten der Touristen, denn Höflichkeit und Respekt sind in Japan Staatstugenden. Jegliche Unsitten unserer europäischen Gesellschaften wie Müll fallen lassen, laut Musik hören, alkoholisiertes Verhalten zu später Stunde etc. sind dort nicht gerne gesehen. Leider benehmen sich wohl zu viele Touristen daneben… Der Vorteil ist aber: Verhält man sich als Tourist respektvoll, wird man selbiges vom Gegenüber auch erfahren :). Trotzdem kann es nicht schaden, auch aktiv zu einer besseren räumlichen und zeitlichen Verteilung der Besucherströme beizutragen. Die Stadt Kyōto bietet dazu im Internet einen „Congestion Forecast“ an, der eine grobe Auslastungsprognose für die beliebten Ziele ausgibt und bei der Planung einer Tour durch die Stadt unterstützen kann. Generell gilt: Werktags ist weniger los als am Wochenende und ein Start am frühen Morgen empfiehlt sich. Daher sind wir nun an einem Donnerstag um 6:30 am Hauptbahnhof 😉


(Der Zug im Bild ist ein Express, der in Tōfukuji nicht hält – wir sind mit dem nachfolgenden Local gefahren).
Die Station Kiyomizu-Gojō ist u. a. nach dem Tempel Kiyomizu benannt, der sich auf einer nahen Anhöhe befindet. „Nah“ heißt in dem Fall ein Fußweg von ca. 1,5 Kilometer zunächst entlang einer Hauptstraße und später über eine kleinere Wohnstraße den Berg hinauf. Nach rund 20 Minuten stehen wir gegen 7:15 vor dem buddhistischen Tempel, der seine Tore für Besucher bereits um 6:00 in der Früh öffnet.

Der Tageszeit entsprechend hält sich der Andrang noch in Grenzen. Wie die meisten touristisch geprägten Orte und Gebäude in Japan kostet der Besuch des Tempels Eintritt. 500 Yen (3,15 €) müssen Besucher löhnen, um das komplette Gelände zu besichtigen. Dafür sind die Gebäude und Anlagen aber stets sauber und perfekt gepflegt.




Das Gelände ist recht groß und der Besuch ist die 500 Yen eindeutig Wert. Zum Abstieg wählen wir einen anderen Weg durch ein traditionell gestaltetes Stadtviertel.



Kyōto hat für eine Stadt ihrer Größe und Bedeutung ein eher dünnes Schienennetz. Entsprechend haben wir erneut rund 2 Kilometer geschafft, als wir am Bahnhof Gion-Shijō wieder auf die Keihan Main Line treffen. Gion-Shijō ist nach Kiyomizu-Gojō die nächste Station der Keihan Main Line in Richtung des Endbahnhofs Demachiyanagi. Der Bahnhof liegt nahe des Stadtviertels Gion, das für die dort lebenden bzw. auftretenden Geishas (Frauen mit weißer Gesichtsfärbung und traditioneller Kleidung, die beruflich künstlerische Darbietungen aufführen) bekannt ist. Das Viertel ist einer der Brennpunkte der Spannungen zwischen Touristen und Einheimischen, denn leider kommt es gelegentlich zu unsittlichen Berührungen oder anderen (sexuellen) Belästigungen gegenüber Geishas durch ausländische Besucher – befeuert auch durch ein völlig unzutreffendes Vorurteil, die Geishas seien Prostituierte. Deshalb und auch da es sich um 8 Uhr morgens um ein normales Wohnviertel handelt, machen wir einen Bogen darum und gehen direkt zum Keihan-Bahnhof, um mit der Keihan Main Line eine Station bis Sanjō zu fahren. Dabei erleben wir die erste Verspätung im japanischen Schienenverkehr, denn der nächste Zug, ein Limited Express, kommt wegen eines vorausfahrenden verspäteten Sub Express rund 3 Minuten später.

Wie bereits angesprochen, ist das Schienennetz in Kyōto vergleichsweise schwach ausgebaut. Viele der berühmten Sehenswürdigkeiten sind nur mit dem Bus erreichbar. Aus diesem Grund entscheiden wir uns zur weiteren Erkundung der Stadt für eine Tageskarte, mit der wir die beiden Linien der Metro sowie alle Stadtbusse nutzen können. Der Subway and Bus One-Day-Pass kostet 1.100 Yen (6,90 €). Ein Versuch, den Fahrschein an einem Fahrscheinautomaten der Metro zu kaufen, scheitert, denn das Ticket steht dort nicht zur Auswahl. Der Automat kann nur den reinen Subway Pass verkaufen. Glücklicherweise gibt es in der Metro-Station Sanjō (die sich offiziell „Sanjō Keihan“ nennt, um Fahrgäste auf die Umsteigemöglichkeit zur Keihan Railway hinzuweisen) noch einen Verkaufsschalter. Der ist zwar vorrangig für Monatskarten und Abonnements gedacht, kann allerdings auch die Tageskarte für Metro und Bus verkaufen. Da an diesem Morgen weit und breit kein anderer Kunde zu sehen ist, nimmt sich der freundliche Mitarbeiter auch noch kurz Zeit, mir auf einem Faltplan (den es zur Fahrkarte umsonst dazu gibt) zu erklären, wo wir gerade sind und wie man sich darin zurecht findet. Denn auf der Rückseite befindet sich eine „Matrix“ der beliebtesten Sehenswürdigkeiten, der man die schnellste Verbindung von A nach B entnehmen kann. So viel Service ist schon überwältigend 🙂
Mit der Tozai Line der Metro fahren wir zur Station Nijōjōmae direkt vor dem Eingang der Nijō Castle. Die Bahnsteigsperre entwertet beim Zutritt zugleich unsere Tageskarte. Gegen 9:00 stehen wir am Ticketschalter der Burg, die ihre Pforten um 8:45 für Besucher öffnet.

Die Burganlage stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurde von einem Shōgun (vereinfacht dargestellt dem obersten General des Landes, der durch ein militärisches Regime über mehrere Jahrhunderte die eigentliche Macht über das Land hatte) als Residenz in der Kaiserstadt Kyōto errichtet. Sitz des Shōgun war zu dieser Zeit jedoch Edo, das heutige Tōkyō, sodass die Residenz in Kyōto nur besuchsweise bewohnt wurde.




Insgesamt lohnt sich die Eintrittsgebühr von 800 Yen (5,00 €) für das weitläufige Gelände, auf dem sich die Besucher gut verteilen können. Bei meinem Besuch konnte ich auch sehen, wofür dieses Geld verwendet wird: In einem der Ziergärten war eine halbe Hundertschaft an Arbeitern in gewohnter japanischer Präzision mit akribischer Gartenarbeit beschäftigt, um den Garten top in Form zu halten. Das Geld, welches man als Tourist am Eingang lässt, kommt also letztlich sowohl bei den Menschen, die hier beschäftigt sind, als auch im Zustand der Gebäude und Gärten selbst an. Ein Eindruck, den ich bei allen kostenpflichtigen Sehenswürdigkeiten auf der gesamten Reise hatte, denn sie sind durchweg in einem einwandfreien Zustand.
In diesem Sinne fahren wir weiter zum nächsten Programmpunkt, denn die Tageskarte muss sich ja lohnen 😉 Wir möchten als nächstes den Kinkaku-ji, den goldenen Tempel, besuchen. Das bietet sich an, da die Buslinie 12 in rund 20 Minuten direkt von der Nijō Castle aus dort hin fährt. Kurz nach unserem Eintreffen an der Haltestelle kommt auch schon der nächste Bus – und ist von außen betrachtet so voll, dass kein Zustieg mehr möglich ist. Nachdem der Bus drei Minuten lang mit offenen Türen da steht und nichts passiert, geht es überraschenderweise doch noch voran. Eine westliche Touristin, die offenbar Probleme beim Bezahlen hatte, steigt aus und hinter ihr rund 30 weitere Fahrgäste. Wie an Tag 2 bereits erwähnt, ist für die Bezahlung in japanischen Bussen eine IC-Card oder Kleingeld bis maximal zu einer 1.000 Yen-Banknote erforderlich, sonst kommt es leicht zu solchen Verzögerungen nach dem Schema: „Kann mir den hier jemand klein machen?“. Schließlich ist noch genug Platz im Fahrzeug, sodass alle wartenden Fahrgäste zusteigen können und nach drei Haltestellen sogar für jeden ein Sitzplatz frei ist. Während der Fahrt gibt der Fahrer regelmäßig Informationen an seine Fahrgäste über den Lautsprecher durch. So kündigt er z. B. nach jedem Stillstand des Fahrzeuges vor dem Losfahren kurz an, dass die Fahrt weitergeht. Das ist vor allem für stehende Fahrgäste sehr nützlich, wenn sie während der Wartezeit mit beiden Händen am Smartphone beschäftigt sind und sich dann wieder festhalten sollten. Gegen 10:15 erreichen wir die Haltestelle Kinkakuji-michi („Straße bzw. Weg zum Kinkaku-ji“). Zum Aussteigen müssen wir nur kurz dem Fahrer unsere entwertete Tageskarte vorzeigen. Dann können wir uns auf den kurzen Weg zum goldenen Tempel machen.

Das Pavillon im Zentrum der Anlage ist tatsächlich mit echtem Blattgold verziert. Entsprechend „goldig“ sind auch die Eintrittspreise: 500 Yen (3,15 €) sind notwendig, um einmal einen Rundweg mit verschiedenen Aussichten auf das Pavillon zu begehen. Im Einrichtungsverkehr wird ein ordentlicher Durchsatz an Touristen über den Rundkurs geleitet (mit den üblichen Stau-Effekten vor den beliebten Fotopunkten). Nach rund 20 Minuten haben wir den kurzen Rundweg hinter uns und sind am Souvenirladen angelangt. Ob sich das „Erlebnis“ für diesen Preis lohnt, muss jeder für sich selbst beurteilen. Das goldene Gebäude ist sehr eindrucksvoll, aber die Anlage ist ziemlich überlaufen und selbst für japanische Verhältnisse fühlt man sich dort eher gehetzt.
Weiter geht die Stadtrundfahrt mit der deutlich schwächer frequentierten Buslinie 205 zu einem unterirdischen Busbahnhof an der Metro-Station Kitaōji. Dort nehmen wir die Karasuma Line der Metro stadteinwärts bis zur Station Marutamachi.

Die Station Marutamachi liegt am südlichen Ende des Nationalgartens (Kyōto Gyoen), einer großen Grünfläche inmitten der Stadt, in der sich u. a. der Kaiserpalast befindet. Ausgang Nr. 1 der Metro-Station führt direkt auf der richtigen Straßenseite dorthin. In der Verteilerebene angekommen, wundere ich mich zunächst noch über die dort anwesenden Ordner, denn das Fahrgastaufkommen an einem gewöhnlichen Donnerstagvormittag hält sich in Grenzen. Einer der Ordner spricht mich an, als ich den Gang zu Ausgang Nr. 1 betreten möchte, und will mir anscheinend davon abraten. Leider spricht er zu undeutlich für meine rudimentären Sprachkenntnisse, sodass ich ihn nicht verstehe. Da er mir den Zutritt aber nicht verwehrt, gehen wir unbeirrt weiter den Gang entlang. Wieder an der Oberfläche erfahren wir dann, warum das eine blöde Idee war: Auf unserer Straßenseite kommen uns tausende Leute entgegen, die die komplette Breite des Gehwegs einnehmen. Als würde ein gesamtes Fußballstadion in einer Reihe friedlich die Ränge verlassen. Der Zustrom lässt auch mit der Zeit nicht nach. Rund 10 Minuten benötigen wir (sowie einige Japaner, die mir im Windschatten folgen) für die 120 Meter vom Ausgang der Metro bis zum nächsten Eingang in den Park. Erst dann wird mir klar, was hier los ist:

Interessanterweise bin ich trotz intensiver Recherche, um den bestmöglichen Reisetag für das Touri-Programm in Kyōto zu finden, nicht auf diese Großveranstaltung gestoßen. Trotzdem: Bisher hatten wir einen entspannten Tag und nach der Prozession geht es im Nationalgarten auch recht ruhig zu.

Der Kaiserpalast diente über Jahrhunderte dem Ten’nō, dem japanischen Kaiser, als Hof.
In Anbetracht des Besucherandrangs vor dem Eingangstor (es scheinen wohl viele Zuschauer der Parade auf die Idee gekommen zu sein…) verzichten wir auf den kostenfreien, aber mit einer Gepäckkontrolle verbundenen Besuch des Innenhofs und entspannen lieber noch ein wenig im Park, bevor wir die Reise mit der Buslinie 203 fortsetzen. Der Bus erscheint pünktlich an der Haltestelle an der Nordseite des Parks, kommt aber unterwegs kaum voran. Obwohl die Parade längst durch ist, hat sich der Verkehr noch nicht normalisiert und es gibt längere Rückstaus. Erschwerend kommt hinzu, dass an den meisten (wenn nicht an allen) Ampeln in Kyōto keine ÖPNV-Bevorrechtigung verbaut ist. Der Bus steht also mit den anderen Verkehrsteilnehmern im Stau. Mit rund 15 Minuten Verspätung erreichen wir die Haltestelle Ginkakuji-michi im Osten der Stadt.

Den Kinkaku-ji, den goldenen Tempel, haben wir heute schon gesehen. Am anderen Ende der Stadt gibt es aber noch den Ginkaku-ji, den silbernen Tempel. Der Eintrittspreis ist mit 500 Yen (3,15 €) derselbe. Ob die Erfahrung hier besser oder schlechter ist als am goldenen Tempel? Das ist schwer zu beurteilen; sie ist jedenfalls anders:



Insgesamt ist es im silbernen Tempel ruhiger als im goldenen, auch wenn es auf der Zuwegung, einer verkehrsberuhigten Straße mit Läden und Restaurants, sehr lebhaft zugeht. Ob sich der Preis lohnt, ist hier aber ebenfalls Ansichtssache. Für mich persönlich hat es sich gelohnt 😉
Langsam aber sicher fahren wir zurück zum Bahnhof, denn der Höhepunkt des Tages (aus Fuzzy-Sicht) steht noch bevor 😉 Die Haltestelle Ginkakuji-mae, die deutlich näher am Tempel liegt als die Haltestelle Ginkakuji-michi an der Hauptstraße, wird von der Linie 32 bedient. Damit fahren wir in Richtung Bahnhof, legen aber noch einen Zwischenhalt auf dem Weg dorthin ein.

Den Heian-jingū gründete der damalige Kaiser im Jahr 1895 anlässlich des 1.100. Geburtstages der Gemeinde Heian-kyō, aus der später das heutige Kyōto wurde.


Der Besuch der Außenanlagen des Schreins ist ohne Eintrittsgebühr möglich.Daher lassen wir die beeindruckende Anlage kurz auf uns wirken, bevor wir zwei Straßen weiter die Buslinie 202 erreichen und mit dem Bus zur Metro-Station Marutamachi zurück fahren. Das Kulturprogramm ist für heute erfolgreich erledigt 😉


Damit ist der Tag noch nicht vorbei, denn Kyōto bietet neben den vielen historischen Tempeln und Schreinen auch das Eisenbahnmuseum der JR West, welches wir uns natürlich nicht entgehen lassen 🙂 Das Museum ist über den Haltepunkt Umekōji-Kyōtonishi („Umekōji“ ist der Name des Stadtteils; „Kyōtonishi“ bedeutet „Kyōto West“) direkt an das Eisenbahnnetz der JR West angeschlossen. Vom Bahnhof Kyōto aus ist Umekōji-Kyōtonishi der erste Unterwegshalt auf der San’in Main Line, die auf dem Vorort-Abschnitt um Kyōto auch Sagano Line genannt wird.

Die kahl-moderne Fassade des „Empfangsgebäudes“ täuscht etwas über die eigentliche und sehr sehenswerte Ausstellung hinweg. Nachfolgend einige Eindrücke:










Bis in die frühen 2000er-Jahre hatte Japan ein beachtliches Netz an Nachtzügen zwischen den großen Metropolen. Vom Großraum Tōkyō aus konnten u. a. Sapporo im Norden und Hakata im Westen des Landes über Nacht erreicht werden; beides Strecken über mehr als 1.000 Kilometer. Mit dem fortschreitenden Ausbau des Shinkansen war die Auslastung der Nachtzüge kontinuierlich zurück gegangen, sodass das Angebot nach und nach reduziert wurde. Die letzten „Blue Trains“ wurden mit der bzw. in Vorgriff auf die Eröffnung des Hokuriku-Shinkansen bis Kanazawa und des Hokkaidō-Shinkansen bis Hakodate um ca. 2015 eingestellt. Seitdem verbleibt nur noch ein einziger regulärer Nachtzug im Land: Der Sunrise Izumo und Sunrise Seto fährt täglich von Tōkyō nach Okayama. Dort wird der Zug, der aus einer Doppeltraktion zweier Triebwagen besteht, geteilt und der Sunrise Izumo fährt weiter nach Izumoshi an der Küste zum Japanischen Meer, während der Sunrise Seto nach Takamatsu auf der Hauptinsel Shikoku weiterfährt. Beide Ziele liegen in Regionen, die bislang nicht direkt an den Shinkansen angebunden sind.



Rechts schleicht ein Local der Tōkaidō Main Line vorbei.




Das Personal gibt sich sichtlich Mühe, eine schöne und spannende Vorstellung auf die Beine zu stellen. Nicht ohne Grund: Japan leidet wie viele westliche Industriestaaten unter einem Demografie-Problem. In Anbetracht der zunehmenden Alterung der Gesellschaft stellt sich langsam ein Mangel an Fachkräften ein. Zuwanderung wird bisher nicht als Lösungsmöglichkeit in Betracht gezogen. Auch wenn es bei der japanischen Eisenbahn bislang noch keine Ausfälle wegen Personalmangel im Fahrdienst oder unbesetzten Stellwerken gibt, tun die Unternehmen gut daran, dem durch aktive Nachwuchsarbeit vorzubeugen. Die Präsentation scheint Eindruck hinterlassen zu haben, denn die Kinder im Raum haben sich sichtlich amüsiert. Wer weiß: Vielleicht wird der eine oder andere ja in 10 – 15 Jahren tatsächlich einer der Eisenbahner von morgen 🙂
Die Ausstellung ist insgesamt sehr groß und vielfältig, sodass die 1.500 Yen (9,40 €) für den Eintritt gut investiert sind. Nach einem langen Tag in Kyōto kehren wir nach Ōsaka zurück. Dazu könnten wir erneut den Shinkansen nutzen und am Bahnhof Shin-Ōsaka auf den Nahverkehr zum Hauptbahnhof umsteigen. Allerdings dauert die gesamte Reise von Kyōto nach Ōsaka einschließlich der Umsteige- und Wartezeit in Shin-Ōsaka fast so lange wie die Fahrt mit einem direkten Schnellzug. Wir entscheiden uns daher für die Kapspur-Strecke und damit sich der Rail Pass für die 1. Klasse lohnt, nutzen wir einen Limited Express mit Green Car.

Obwohl der Limited Express Haruka 45 bereits in ca. 20 Minuten abfährt, sind noch sehr viele Sitzplätze zu haben.
Vom „Museumsbahnhof“ Umekōji-Kyōtonishi aus erreichen wir Kyōto nach wenigen Minuten auf Gleis 32, einem der Stumpfgleise im Westflügel des Bahnhofs, an denen die Züge der San’in Main Line enden.


„Ungleiches Doppel“ ist bereits das Stichwort für den Limited Express Haruka, den wir auf kurzem Weg an Gleis 30 erreichen. Der Haruka ist, wie an Tag 1 bereits angesprochen, der Flughafen-Express der JR West. Der Zug fährt von Kyōto über Ōsaka zum Kansai Airport. Als kleine Besonderheit sind die Züge dieser Linie als einzige Limited Express der JR West nicht vollständig reservierungspflichtig. Die Wagen 5 – 7 können Reisende ohne Sitzplatzreservierung nutzen.



Aufgrund der langen Wendezeit von 26 Minuten im 30-Minuten-Takt ist Gleis 30 im Bahnhof Kyōto tagsüber fast durchgehend durch die Züge des Limited Express Haruka belegt. Um hier zusätzliche Kapazitäten für die San’in Main Line zu schaffen, soll die Wende des Haruka langfristig an den nächsten Bahnhof der Tōkaidō Main Line, nach Yamashina, verlegt werden. Dafür muss dort noch die notwendige Infrastruktur zur Zwischenabstellung und Reinigung der Züge geschaffen werden.

An Hello Kitty, einer fiktive Katzenfigur des Unternehmens Sanrio, kommt man in Japan kaum vorbei. Die weit verbreitete Marke lebt fast ausschließlich von Franchising auf z. B. Kleidung, Spielwaren oder Haushaltsartikeln. So wurde vor einigen Jahren auch eine Kooperation mit JR West aufgebaut, wegen der nun alle Züge des Limited Express Haruka eine spezielles Hello Kitty-Design tragen. Das kleine Kätzchen ist übrigens auch im Zusammenhang mit der EXPO 2025 in der Öffentlichkeit zu sehen: Auf elektronischen Anzeigetafeln in Ōsaka „tanzt“ Hello Kitty fröhlich mit dem Maskottchen der EXPO, um Werbung für den Besuch zu machen.
Die Fahrt mit dem Schnellzug verläuft (nüchtern japanisch) ruhig und ereignislos. 27 Minuten und damit doppelt so lange wie der Shinkansen brauchen wir von Kyōto bis zum Shinkansen-Bahnhof Shin-Ōsaka. Dafür bietet der Schnellzug auf der Altstrecke den Komfort, nach kurzem Halt direkt zum Hauptbahnhof Ōsaka weiterzufahren. Leider habe ich dabei erneut nicht bedacht, dass…

Damit steht uns einmal mehr der lange Fußweg über einen der Bahnsteige der oberirdischen Gleise hin zum Hauptausgang bevor und der Zeitvorteil der Direktverbindung ist dahin. Zum Glück gibt es aber auch Schnellzüge, die von Kyōto aus direkt in die Haupthalle des Bahnhofs Ōsaka einfahren. An die werden wir uns bei den kommenden Fahrten zwischen Kyōto und Ōsaka halten. Nun endet aber zunächst ein wegen des frühen Aufstehens langer und erlebnisreicher Tag. Am Folgetag können wir im Vergleich dazu bis nach 6:00 „ausschlafen“, werden aber ebenfalls schon früh zu einer deutlich längeren Reise aufbrechen.